Rosenheim – „Dass Sie Angst vor mir hat, habe ich gar nicht kapiert.“, „Ich habe mich total im Recht gefühlt.“ „Ich schäme mich da richtig, dass mir das passiert ist. Ich bin sehr enttäuscht von mir, dass ich die Situation nicht anders gelöst habe, als handgreiflich zu werden.“
Diese Eingeständnisse stammen von einem Mann, welcher Gewalt gegen seine Ehefrau ausgeübt hat. Das Gruppenprogramm häusliche Gewalt der Fachstelle Täterarbeit der Diakonie Rosenheim hat ihm dabei geholfen, zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Er schämt sich für sein Verhalten und geht, übernimmt klar die Verantwortung. Er versteht nun, dass er mit seinem Verhalten Schaden angerichtet hat. „Der Weg dorthin ist meist unangenehm und gleichzeitig ein großer Gewinn.“ sagt Simon Tica, Leitung der Fachstelle. Die Fachstelle Täterarbeit Rosenheim besteht seit 2002. Sie bietet Menschen, die Gewalt ausüben oder ausgeübt haben, die Möglichkeit, ihr Verhalten zu erkennen. Ihnen wird dabei geholfen, Verantwortung zu übernehmen und in Konflikten neue Wege zu beschreiten.
„Nur wer Verantwortung
übernimmt, kann sein
Verhalten verändern.“
In Einzel- und Gruppengesprächen geht es darum, zu verstehen, wie es zur Eskalation gekommen ist und wieso sich die Täter für den Weg der Gewalt entschieden haben: Macht, Kontrolle, Eifersucht, Hilflosigkeit, Machtlosigkeit – um ein paar Auslöser zu nennen.
„Wir verurteilen die Tat, nicht den Menschen. Wir konfrontieren und sagen: Sie sind verantwortlich“, erklärt Simon Tica. „Nur, wer die eigene Scham überwindet und die Verantwortung übernimmt, kann sein Verhalten verändern.“
Die meisten Täter kämen laut Simon Tica nicht freiwillig. Daher arbeitet die Fachstelle unter anderem eng mit Justiz, Polizei, Ämtern, dem Frauenhaus und MaVia zusammen. Das Angebot müsse präsent bleiben, damit die Veränderung eine Chance hat, erklärt Simon Tica.
„Täterarbeit schützt Betroffene und kann Übergriffe nachhaltig beenden. Damit ist den Frauen, Partnern und Kindern geholfen.“ Daher sei auch die Zusammenarbeit mit der Frauenunterstützung wichtig. So können Einschätzungen geteilt und mögliche Risiken bei gemeinsamen Fällen erkannt werden.
„Wir sehen, dass Menschen lernen können, anders zu handeln. Wenn wir die Ursachen verstehen, können wir mit der Veränderung beginnen.“ sagt Simon Tica.
Das Ziel der Täterarbeit Rosenheim ist, Gewalt langfristig zu beenden, Rückfälle zu verhindern und ein gesellschaftliches Umdenken zu fördern: Gewalt ist keine Lösung, sondern eine Entscheidung – und damit veränderbar.
Schwerpunkte in der Arbeit mit Tätern sind unter anderem:
• Konfrontation mit Gewalthandlungen
• Auseinandersetzung mit Rechtfertigungsstrategien für Partnerschaftsgewalt
• Gewaltformen und eigene Gewaltauslöser kennenlernen
• Erlernen von Alternativen zur Gewaltanwendung
• Verantwortungsübernahme für eigene Gewalthandlungen
• Entwicklung von Einfühlungsvermögen
Der Gruppenteilnehmer erklärt: „Ich habe in der Täterarbeit gelernt, zu kommunizieren, was mich belastet. Ich habe nie gelernt, wie ich meine Gefühle ausdrücke.“
„Gewalt beginnt im
Schweigen – brechen
wir es gemeinsam!“
Damit ist viel gewonnen. Er hat sein Schweigen gebrochen und kann heute mit schwierigen Situationen besser umgehen.
MaVia, das Frauenhaus und die Fachstelle Täterarbeit häusliche Gewalt der Diakonie Rosenheim rufen anlässlich des heutigen 25. November – Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen – zu Solidarität und Engagement auf! Macht mit und zeigt Eure Unterstützung vor Ort! Gemeinsam für Respekt, Sicherheit und Gleichberechtigung.