Beeindruckendes Zeichen von Lebenswillen

von Redaktion

Blick in die Städtischen Sammlungen Neuanfang für „Displaced Persons“ in Rosenheim

Rosenheim – Zwischen 1933 und 1945 hatte das NS-Regime Millionen von Menschen verfolgt – unter anderem aus politischen und rassistischen Gründen. Nach dem Ende der NS-Diktatur befanden sich infolgedessen zwischen zehn und zwölf Millionen Überlebende der NS-Verfolgung außerhalb ihrer Herkunftsländer. Sie waren vielfach aus Konzentrationslagern oder der NS-Zwangsarbeit befreit worden und wurden von den alliierten Siegermächten als „Displaced Persons“ (DPs) bezeichnet.

In Europa hielt sich ein Großteil der DPs im besetzten Nachkriegsdeutschland auf. Dort wurden sie in temporären Lagern von internationalen Hilfsorganisationen versorgt, wobei sie jedoch einen Großteil ihres Alltags selbst organisierten.

Auch in Rosenheim existierten solche DPs-Lager. Besonders gut erforscht ist das jüdische Camp, das in der ehemaligen Pionierkaserne eingerichtet wurde. Hier fanden bis 1949 jüdische DPs – von 1946 bis 1947 sogar ausschließlich jüdische Kinder und Jugendliche – Zuflucht. Nach den Schrecken des Holocaust versuchten sich Überlebende hier an einem Neuanfang. Viele verließen Rosenheim erst nach der Gründung des Staates Israel 1948. Auf dieser nicht näher datierten Gruppenaufnahme sind im Hintergrund die beschädigten Fenster der vormaligen Pionierkaserne zu erkennen. Im Vordergrund präsentieren jüdische Kinder ein Banner, auf dem in Teilen eine hebräische Aufschrift erkennbar ist: „Hechalutz Haartzi“. Diese Phrase verweist auf eine zionistische Jugendbewegung und lässt sich in etwa mit „Der Nationale Pionier“ übersetzen. Das Banner ist ein Indiz dafür, dass auch im DPs-Lager Rosenheim junge Menschen für den gemeinschaftlichen Aufbau des jüdischen Staates vorbereitet wurden. Die Fotografie stammt aus einem Fotoalbum, das im Zuge einer Haushaltsauflösung in Israel über ein Antiquariat ins Stadtarchiv gelangte. Sie zeugt nicht nur vom unerschütterlichen Lebenswillen, sondern auch vom Wunsch eines selbstbestimmten Neubeginns aufseiten jüdischer Überlebender – und das mitten in Rosenheim, einem vormals wichtigen Schauplatz der frühen NS-Bewegung. Zusammen mit elf weiteren stadthistorischen Aufnahmen erscheint das gezeigte Bild in der 2026-Ausgabe des Kalenders „Bilder aus Alt-Rosenheim“.

Dieser kann für 13 Euro im Stadtarchiv (unter stadtarchiv.de oder vor Ort in der Reichenbachstraße 1a) erworben werden. Darüber hinaus wird der Kalender im örtlichen Buchhandel sowie im Städtischen Museum und im Holztechnischen Museum angeboten – auch perfekt als Weihnachtsgeschenk.

Die OVB-Serie

Artikel 1 von 11