Rosenheim – Dr. Michael Iberer hat viel zu tun. In den kommenden Wochen und Monaten könnte es für den Vorsitzenden des Ärztlichen Kreisverbandes Rosenheim noch mehr werden. Der Grund: Die Grippesaison steht vor der Tür – mit plötzlich hohem Fieber, Husten, Hals- und Kopfschmerzen sowie Muskel- und Gliederschmerzen. „Derzeit ist die Lage ruhig, aber wir müssen im weiteren Winter damit rechnen, dass die Aktivität rasch ansteigen kann – insbesondere falls sich die neue Variante auch bei uns durchsetzt“, sagt Iberer.
Die neue Variante, von der der Vorsitzende des Ärzlichen Kreisverbandes spricht, nennt sich „Subklade K“ oder H3N2-Variante. „Länder wie Großbritannien und Japan erleben deshalb heuer eine ungewöhnlich frühe und steile Grippewelle“, sagt Iberer. Auch Australien verzeichnete 2025 ihm zufolge eine der ausgeprägtesten Grippewellen seit Jahren.
Subkladen werden
nicht gezielt gesucht
Die gute Nachricht: Hinweise auf eine Dominanz der neuen Subklade gibt es in der Region bislang nicht. „Aber wir als Praxis, beziehungsweise unser regionales Labor, untersuchen derzeit auch nicht gezielt auf Subkladen“, fügt Iberer hinzu. Dies geschehe nur in spezialisierten Referenzlaboren. „Im Alltag lässt sich daher nicht sagen, welcher Unterstamm konkret vorliegt“, sagt Iberer.
Fest steht, dass die neue H3N2-Subklade K mehrere Mutationen am Oberflächenprotein Hemagglutinin aufweist. Heißt konkret: Die Variante ist leichter übertragbar, aber nicht gefährlicher als bisherige Influenza-Viren. Zur Ansteckung kommt es vor allem über Tröpfchen und Aerosole.
„Eine wichtige, häufig unterschätzte Rolle spielen jedoch kontaminierte Oberflächen“, sagt der Vorsitzende des Ärztlichen Kreisverbands. So würden viele Menschen reflexartig in die Hand husten oder niesen und anschließend Türgriffe oder Gegenstände anfassen. „Handhygiene ist deshalb eine der wichtigsten Schutzfaktoren.“ Darüber hinaus helfen eine gute Belüftung, die Vermeidung enger Innenräume bei Symptomen und gegebenenfalls das Tragen einer Maske in stark frequentierten Bereichen.
Einen Mund-Nasen-Schutz tragen müssen auch Besucher beim Aufenthalt im Zimmer eines Patienten am Romed-Klinikum. So gelten derzeit im gesamten Romed-Klinikverbund für Patienten, Mitarbeiter und Besucher die etablierten Hygieneregeln für saisonale Infektionserkrankungen. Personen mit Krankheitssymptomen wie beispielsweise Fieber, Atemwegsinfekte oder Durchfall sollten von einem Patientenbesuch absehen. Wer mit jemanden zusammenwohnt, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde, muss eine FFP2-Maske in der gesamten Klinik tragen.
Soweit die Regeln. „Bislang musste bei uns kein Patient aufgrund der Influenzaerkrankung auf der Intensivstation behandelt werden“, sagt Elisabeth Siebeneicher, Pressesprecherin des Romed-Klinikums, auf OVB-Anfrage.
In der Saison 2024/25 wurden ihr zufolge 8,5 Prozent der erwachsenen Patienten mit Influenza A und 6,3 Prozent mit Influenza B intensivmedizinisch behandelt. „Wobei nicht immer allein die Influenzaerkrankung die Aufnahme oder Verlegung auf die Intensivstation bedingte“, fügt die Sprecherin hinzu.
Dieses Jahr waren bereits im November zehn Patienten mit Influenzanachweis stationär im Rosenheimer Romed-Klinikum. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr war es zur gleichen Zeit gerade einmal ein einziger Patient. Dem Rosenheimer Gesundheitsamt wurden seit Beginn der Influenzasaison, die in der 40. Kalenderwoche liegt, 50 Fälle einer Influenzaerkrankung gemeldet. „Das spiegelt nur einen Teil der realen Situation wider, da nicht in jedem Fall einer akuten Atemwegserkrankung in der Arztpraxis ein Influenzatest gemacht wird“, erklärt Wolfgang Hierl, Leiter des Rosenheimer Gesundheitsamts.
Aktuell hat sich ihm zufolge ein Ausbruchsgeschehen in einer großen Gemeinschaftsunterkunft mit einer Vielzahl von symptomatisch Erkrankten bei Kindern und Eltern ereignet. „Bei sieben dieser akuten Fälle gelangen Influenzanachweise, weshalb das Gesundheitsamt von einem großen Grippeausbruch ausgeht“, erklärt Hierl. Schon jetzt steht fest, dass es heuer mehr Grippe-Fälle gegeben hat als in den vergangenen beiden Jahren. „Es gibt erste Hinweise dafür, dass die Grippewelle in diesem Jahr etwas früher beginnen könnte“, sagt der Leiter des Gesundheitsamts.
Empfehlungen
für Impfungen
Umso wichtiger ist ihm zufolge die Grippeimpfung. „Besonders gefährdet für schwere Komplikationen einer Grippeerkrankung sind Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung durch eine Vorerkrankung“, sagt er. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt daher die jährliche Grippeimpfung Menschen ab 60 Jahren, Schwangeren ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel, Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen, Beschäftigten in Medizin und Pflege, Angehörigen von Risikopersonen sowie – jetzt neu – Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln.
Schwere Verläufe
ernst nehmen
„Auch mit zunehmender Verbreitung der Subklade K bei dem Influenza A(H3N2)-Subtyp geht das RKI davon aus, dass der Grippeimpfstoff weiterhin Schutz vor schweren Erkrankungen bietet. Nehmen Sie das Risiko schwerer Krankheitsverläufe ernst und lassen sich impfen. Vergessen Sie dabei auch nicht die jährliche Auffrischung der Corona-Impfung“, sagt Hierl.