Warum es oft zu Vollsperrungen kommt

von Redaktion

Die Rosenheimer Westtangente ist eine beliebte Strecke, doch zuletzt kam es dort vermehrt zu Unfällen und Vollsperrungen. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber vor allem die Bauweise der Straße zwingt Rettungskräfte oft dazu, die Strecke für die Dauer von Einsätzen komplett zu sperren.

Rosenheim – Das Blaulicht muss schon von Weitem zu sehen gewesen sein. Relativ schnell sei klar gewesen, dass auf der Rosenheimer Westtangente etwas passiert sein muss. Daran erinnert sich die Rosenheimerin, die anonym bleiben möchte, noch genau. Kurz vor der Ausfahrt zum Aicherpark war auch der Grund klar: „Da lag ein Auto auf der Seite“, sagt die Frau. Innerhalb kürzester Zeit sei aufgrund des „schweren Unfalls“ rund um die Westtangente ein Verkehrschaos ausgebrochen.

Während viele Autofahrer im Feierabendverkehr an diesem Novemberabend deutlich mehr Geduld brauchten, wurde das Auto in einer „aufwendigen Bergung“ mit einem Kran aus dem Graben gezogen, berichtet Polizeihauptkommissar Robert Maurer. Ein 18-Jähriger war zuvor wohl aufgrund der nassen Fahrbahn ins Schleudern geraten und beim Versuch, das Auto wieder einzufangen, von der Straße abgekommen. Verletzt wurde der junge Mann glücklicherweise nicht, sagt Maurer. Dennoch musste die Westtangente für rund eine halbe Stunde gesperrt werden.

Genauso wie ein paar Tage später. Diesmal auf dem Stück zwischen der Autobahn und der Ausfahrt nach Kolbermoor und dem Rosenheimer Ortsteil Schwaig. Zwei Lieferwagen waren zusammengeprallt und mussten abgeschleppt werden, ein Fahrer wurde verletzt. Die Westtangente war wieder kurzzeitig gesperrt – diesmal sogar komplett.

Es waren nicht die einzigen beiden Unfälle auf der Rosenheimer Westtangente in diesem Jahr. Wie Robert Maurer auf OVB-Anfrage mitteilt, krachte es 2025 24-mal im Bereich der neuen Umfahrung – der B15a. Im Jahr davor seien es 28 Stück gewesen. Besonders häufig gebe es dabei Unfälle im Bereich der Auf- und Abfahrt zur Autobahn A8. „Heuer waren es vier Stück, 2024 waren es fünf Unfälle“, sagt der Hauptkommissar.

Auch auf dem Abschnitt zwischen Kolbermoor und Großkarolinenfeld sei es neben dem Unfall Ende November hin und wieder zu Einsätzen gekommen. „Im Mai kam ein Auto ins Schlingern, weil die Fahrerin angeblich einem Fuchs ausgewichen ist und in den Graben gefahren ist“, sagt Maurer. Verletzt wurde die Frau genauso wenig wie die Beteiligten eines Unfalls im September.

Da kam es an der Auffahrt zur B15a am Öllerschlössl zu einem Zusammenstoß zweier Autos. Auffällig ist bei den Unfällen auf der Westtangente, dass die Straße meist sofort gesperrt wird – ganz oft ist sogar eine Vollsperrung notwendig. Den Grund dafür kennt Hans Meyrl, Stadtbrandrat von Rosenheim. Er und seine Kollegen der Rosenheimer Feuerwehren werden bei Unfällen auf die Westtangente geschickt, da ein Großteil der neuen Bundesstraße auf städtischem Gebiet liegt. „Das Besondere und zugleich Herausfordernde bei Rettungseinsätzen auf der Westtangente ist die einspurige Fahrbahn in beide Richtungen ohne ausreichende Ausweich- oder Seitenflächen“, sagt Meyrl. So müsste die Straße „bereits bei kleineren Unfällen vollständig gesperrt werden“.

Das hänge auch damit zusammen, dass die B15a eine stark befahrene Verbindungsstraße ist, mit teils hohen Geschwindigkeiten der Fahrzeuge. „Wir haben dort eine sehr hohe Verkehrsdichte“, sagt auch Richard Schrank, Kreisbrandrat für den Landkreis Rosenheim. Zumal es an den Unfallstellen schnell mal eng werde. „Es steht der Notarzt da, die Feuerwehr, die Polizei, verunfallte Fahrzeuge und Fahrzeugteile. Da ist es ungut, wenn sich auch noch der Sattelzug vorbeischlängelt“, sagt Schrank. Daher sei es „die Regel, bei so was erst mal dichtzumachen“.

Auch zur Sicherheit der Unfallbeteiligten und Rettungskräfte. Das betonten beide Brandräte. „Oberste Priorität hat die Eigensicherheit“, sagt Schrank. Es bringe niemandem etwas, wenn Ärzte, Sanitäter oder Feuerwehrmänner von vorbeifahrenden Fahrzeugen gefährdet oder verletzt werden. „Bei einer Vollsperre habe ich den Vorteil, in einer sicheren Einsatzumgebung arbeiten zu können“, erklärt der Kreisbrandrat.

Die Sperrung schütze aber auch die anderen Verkehrsteilnehmer. „Wenn man zum Beispiel an schwere Frontalunfälle denkt, mit schwerstverletzten oder eingeklemmten Personen, da macht es keinen Sinn, dass andere Autofahrer vorbeifahren und diese Bilder mit anschauen müssen“, sagt Richard Schrank. Geschweige denn auf die Idee kommen, Fotos mit dem Handy zu machen.

Ob die Straße „zugemacht wird“, werde in aller Regel in Absprache mit der Polizei entschieden, sagt der Kreisbrandrat. „Wenn die noch nicht da ist, entscheidet es der Einsatzleiter der Feuerwehr nach Beurteilung der Gefahrenlage.“ Richard Schrank betont aber auch, dass die Straße nicht einfach so gesperrt werden könne. „Man muss sich darum kümmern, dass der restliche Verkehr abfließen kann und im Zweifel Umleitungsstrecken eingerichtet werden“, sagt er. So werde bei Unfällen auf der Westtangente bereits an den nächsten Anschlussstellen Umleitungen eingerichtet, ergänzt Hans Meyrl.

Die neue B15 sei aus Sicht der Feuerwehr dennoch kein Unfallschwerpunkt. Zwar habe es in der Anfangszeit auf dem Stück zwischen der Ausfahrt bei Kolbermoor und der Autobahn sehr schwere Unfälle gegeben, ansonsten sei die Strecke „völlig ungefährlich“, sagt Schrank. Er sagt aber auch: „Da dort der Verkehr extrem zunimmt, ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass ein Unfall passiert“. Und die Straße irgendwann auch mal wieder voll gesperrt werden muss.

Artikel 3 von 9