Eishockey

Hassliebe in der 253. Auflage

von Redaktion

Nach sieben Jahren gibt es in der DEL 2 wieder ein Spiel zwischen Riessersee und Tölz um Punkte – und um die Ehre

Von Nick Scheder

Bad Tölz/Garmisch-Partenkirchen – Auf Umwegen verschlug es ihn vom 700-Seelen-Dorf Allan nach Bad Tölz. Dann war der Kanadier zwei Jahre lang Spieler des SC Riessersee, bevor er über mehrere Stationen nach Tölz zurückkehrte. Jetzt kommt Rick Boehm wieder nach Garmisch-Partenkirchen: Als Trainer der Tölzer Löwen, die heute Abend (20 Uhr) zum Duell der Erzrivalen in der DEL 2 aufeinandertreffen.

Der 58-Jährige, nach Ende seiner Stürmer-Karriere, die ihn dank deutscher Staatsbürgerschaft als Mittdreißiger noch in die Nationalmannschaft geführt hatte, Nachwuchskoordinator beim EC Bad Tölz, hat beste Erinnerungen an die beiden Jahre (1990 bis 1992) beim SC Riessersee. „Es war eine überragende Zeit, vor allem die erste Saison“, sagt Boehm. „Das war ein super Haufen damals, lauter Einheimische – bis auf uns zwei.“ Er kam zusammen mit Landsmann Ron Chyzowski nach Garmisch. Der damalige Tölzer Vorsitzende hatte ihn weggeschickt. „Gute Ausländer gibt es wie Sand am Meer“, hatte Toni Fischhaber gesagt.

Die Rivalen im Werdenfels waren dankbar, schließlich brachte es Boehm in seiner ersten Saison auf 103 Scorerpunkte, schoss 53 Tore, spielte sich mit Chyzowski in die Herzen der Fans. Die hatten schnell verziehen, dass er vom Feind herübergewechselt war.

Jetzt überwiegen Anspannung und Vorfreude auf das Duell der Lieblingsfeinde. Fast sieben Jahre ist es her, dass die Traditionsvereine aus dem Oberland in einem Punktspiel den Sieger ausfochten. Damals noch in der Oberliga.

Die Vorzeichen nun: Die Tölzer Löwen sind Aufsteiger, haben einen für die zweite Liga eher bescheidenen Etat von 1,3 Millionen Euro zusammengekratzt, die Mannschaft punktuell mit höherklassig erfahrenen Routiniers verstärkt, drei der vier möglichen Kontingentstellen bestückt. Mit dem Finnen Joonas Vihko, dem österreichischen Verteidiger-Hünen André Lakos (2,03 Meter) sowie dem slowenischen Stürmer Marcel Rodman aus Bietigheim. Bisher auffälligster Neuzugang ist der Tölzer Philipp Schlager (Kassel, Schwenningen, Ravensburg). „Der haut sich voll rein, ist präsent“, lobt Boehm.

Ob das reicht gegen Garmisch? Riessersee ist ein etablierter DEL 2-Verein, auch wenn es in der Vorsaison Querelen an der Spitze gab, die in der Entlassung des langjährigen Geschäftsführers Ralph Bader mündeten – in Tölz ein Feindbild, aber unbestritten erfolgreich. Die sportliche Leitung übernahm Tim Regan, dessen Traineramt der Finne Toni Söderholm vom EHC München. Der hat eine exquisite Mannschaft zusammengestellt – erwähnt seien nur Rückkehrer Lubor Dibelka (Wolfsburg) und der schnelle Ex-Nationalspieler Richard Mueller (Frankfurt). Tölz indes verlässt sich zu weiten Teilen auf Eigengewächse, ergänzt mit Talenten aus dem Team der Deutschen Nachwuchs-Liga (DNL).

Boehm erinnert die Situation seiner Mannschaft an seine Zeit beim SCR. „Lauter Garmischer, wir haben völlig ungezwungen Eishockey gespielt.“ Trainer und Manager war Franz Reindl, der gleichzeitig die Insolvenz aus dem vorangegangenen Sommer aufarbeitete. Neben dem Kanadier-Duo standen legendäre Spieler in der Mannschaft, die erstaunlich gut aufspielte, immerhin Sechster der Zwéitliga-Meisterrunde wurde. Auch dank des kongenialen Duos Boehm/Chyzowski. „Wir hatten eine gute Mischung aus Routiniers, mittleren und jungen Spielern“, sagt Boehm. Er erinnert sich an Hans Konstanzer, Josef Lehner, Ferdinand Strodl, die Talente Michael Raubal, Florian und Thomas Storf, und natürlich Ferdinand Pfanzelter, den später einmal der Tölzer Michael Teltscher so böse zusammenfuhr, dass der Garmischer fünf Zähne verlor. „Er hat in die Bande gebissen“, sagte Chyzowksi.

Langweilig war es nie bei den gut besuchten Derbys zwischen Garmisch und Tölz, immer Action. Es ist eine lang währende Hass-Liebe, die heute mit dem 253. Derby eine Fortsetzung findet.

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