Dortmund – Das Ende der imposanten Dortmunder Heimserie schlug Peter Bosz mächtig aufs Gemüt. Obwohl sich sein Team beim 2:3 (1:2) im Bundesliga-Spitzenspiel einen mitreißenden Schlagabtausch mit RB Leipzig lieferte, wollte der BVB-Coach partout nicht in die vielen Lobeshymnen der Fachwelt über das Offensiv-Spektakel einstimmen. Mit mürrischer Miene kommentierte der Niederländer die erste Liga-Niederlage der Borussia im eigenen Stadion seit zweieinhalb Jahren: „Spannung ja, guter Fußball nein. Zum Torwart zurückzuspielen, der einen langen Ball schlagen muss, ist nicht unsere Art.“
Anders als bei seinem Leipziger Kollegen Ralph Hasenhüttl, der den Coup seines Teams emotional wie selten bejubelte, überwog bei Bosz eine negative Sicht der Dinge. Unbeeindruckt von der unterhaltsamen Dramaturgie mit fünf Toren, zwei Platzverweisen für Sokratis und (47.) und Ilsanker (56.) sowie zwei verwandelten Elfmetern von Jean-Kévin Augustin (49.) und Pierre-Emerick Aubameyang (64.) verwies er auf die vielen Fehler des bisher so souveränen Bundesliga-Spitzenreiters, dessen Vorsprung auf die Bayern nur noch zwei Punkte beträgt: „Wir haben nicht den freien Mann gefunden. Das funktioniert nur, wenn man mutig und schnell spielt.“
Nach einem bisher leichten Auftaktprogramm wurden den BVB-Offensivkünstlern erstmals auch in der Bundesliga die Grenzen aufgezeigt – wie schon in den Champions League-Spielen gegen Tottenham Hotspur und Real Madrid (jeweils 1:3). Kapitale Abwehrfehler insbesondere von Neuzugang Jeremy Toljan, der sowohl vor dem 1:1 durch Marcel Sabitzer (10.) als auch vor dem 1:2 durch Yussuf Poulsen (25.) patzte, nutzten die Leipziger eiskalt aus. „Wir dürfen jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken“, sagte Mittelfeldspieler Julian Weigl mit Blick auf das Königsklassen-Duell morgen bei APOEL Nikosia.
Erst in den kommenden Wochen wird sich erweisen, ob der BVB als wirklicher Titelaspirant taugt. Bis Ende November trifft der Revierklub in fünf Partien gleich vier Mal auf Mannschaften aus der oberen Tabellenhälfte. Besonders knifflig dürfte das kommende Heimspiel gegen die Bayern werden. „Es geht weiter. Wir müssen Leipzig abhaken. Es ist passiert, deshalb müssen wir umso schneller nach vorne schauen“, sagte Gonzalo Castro.
Im Gegensatz zu den Dortmundern tankten die Sachsen Selbstvertrauen für ihre Champions League-Partie gegen den FC Porto. Obwohl in Willi Orban, Emil Forsberg und Timo Werner gleich drei Führungskräfte nicht in der Startelf standen, spielte das Hasenhüttl-Team vor allem in der ersten Halbzeit groß auf. Selbst der frühe Rückstand durch Aubameyang (4.) brachte die Gäste nicht ins Wanken. „Wahnsinn, es war ein perfektes Samstagabend-Spiel. Es ging wirklich hin und her“, schwärmte Ex-Dortmunder Kevin Kampl.
Mit dem dritten Saisonsieg in Serie verringerte Leipzig den Abstand zur Borussia auf drei Punkte. „Wir haben die Liga wieder spannend gemacht und dafür gesorgt, dass vier Mannschaften oben beisammen sind“ kommentierte Hasenhüttl, „ich blicke mit viel Zuversicht in die spannende Saison.“ Ähnlich euphorisch bewertete Sportdirektor Ralf Rangnick den famosen Auftritt: „Wenn du in Dortmund gewinnst, ist das ein Ausrufezeichen. Es gibt der Mannschaft sicherlich zusätzlichen Rückenwind.“ Das Erfolgserlebnis könnte auch bei einer Trendwende in der Königsklasse helfen.