TSV 1860

Warnschüsse an allen Fronten

von Redaktion

Notorische Zündler, gewaltbereite Fans, eine wacklige Abwehr – und am Sonntag steht schon das nächste Derby an

von uli kellner

München – Am Tag danach war Wundenlecken angesagt beim TSV 1860. Trainer Daniel Bierofka hatte seiner Mannschaft einen freien Wochenstart verordnet, um die 2:3-Niederlage von Augsburg sacken zu lassen. Die Bosse hatte derweil alle Hände voll zu tun, um den Kollateralschaden durch zündelnde „Idioten“ (Bierofka) so klein wie möglich zu halten.

Der Bericht des Polizeipräsidiums Schwaben Nord dokumentiert einen schlimmen Rückfall, was die Fandisziplinen Fairplay, Bravsein und Regeleinhaltung angeht. Wer es positiv sehen will, sagt sich: Gut, dann sind jetzt wenigstens die Sinne wieder geschärft, wo doch am Sonntag das noch brisantere Derby ansteht: 1860 gegen Bayern II. Auch sportlich könnte man es so sehen: Lieber jetzt mit Extremsituationen wie im Augsburger Hexenkessel konfrontiert werden als dann im Frühjahr, wenn die Löwen (wohl) zu Relegationszwecken nach Cottbus müssen, nach Offenbach – oder an einen anderen, als hitzig einzustufenden Regionalliga-Hotspot. Baustellen gibt es genug – eine Übersicht.

Pyro-Idioten

Womöglich steckte ein tieferer Sinn dahinter, als Unverbesserliche in der 66. Minute hemmungslos ihre Pyromanie auslebten. 66, das könnte eine Hommage ans Meisterjahr gewesen sein; die schwarzen und gelben Rauchsäulen ein Fingerzeig Richtung Rathaus (entspricht den Stadtfarben Münchens). Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es einfach ein paar Dummköpfe waren, die sich nicht drum scheren, was sie ihrem Verein mit der illegalen Zündelei antun. „Das kostet uns wieder viel Geld“, klagte Bierofka und stöhnte: „Finanziell sind wir eh schon nicht auf Rosen gebettet.“ Die Löwen wurden vom BFV aufgefordert, sich schriftlich zu den Vorfällen zu äußern. Eine Geldstrafe im vierstelligen Bereich droht.

Sonstige Rabauken

Dass die Löwen nicht nur brave Fans haben, war in Augsburg deutlich zu sehen – und gestern schwarz auf weiß im Polizeibericht nachzulesen. Eine verhinderte „Invasion“ des Königsplatzes, eine „verunreinigte“ Tram, ein „beschädigter“ Bus – es war das volle Programm, das teilweise vermummte Rabauken ablieferten. Die mit einem Großaufgebot angetretene Polizei setzte Pfefferspray ein. Am Ende standen 50 Straftaten zu Protokoll (von Fans beider Lager), gegen 42 sich prügelnde Chaoten wurden Verfahren wegen Landfriedensbruch eingeleitet.

Sportliche Lehren

Auswärtsniederlage bei einem starken Gegner – kann passieren. Zumindest für den früheren Augsburger Sascha Mölders war das Ende der Erfolgsserie schnell abgehakt. Dem stets unter Strom stehenden Bierofka dagegen fiel es deutlich schwerer, nach elfeinhalb erfolgreichen Wochen (mit zuletzt sechs Siegen am Stück) mal wieder eine Niederlage zu kommentieren. „Drei Gegentore sind untypisch für uns“, sagte er: „Das müssen wir analysieren.“ Speziell das Kontertor zum vorentscheidenden 1:3 (66.) nach dem ebenso blitzartigen Anschlusstreffer von Markus Ziereis (65., vier Minuten nach Augsburgs 0:2) stieß ihm sauer auf. „Wir haben heute einfach nicht gut verteidigt“, sagte er und kam womöglich auch ein bisschen ins Grübeln: Reicht die Qualität auch noch, wenn mit Timo Gebhart, Jan Mauersberger, Nico Karger und Felix Weber gleich vier gestandene Spieler ausfallen? Zuletzt hatte Boss Markus Fauser angedeutet, dass die Löwen im Winter personell nachrüsten wollen – im Hinblick auf die Relegation. Vielleicht auch schon im Hinblick auf die 3. Liga.

Bierofka ist sich im Klaren darüber, dass seine Löwen nicht ihren besten Tag hatten. Trotzdem dürfte die Herbstmeisterschaft nur aufgeschoben sein – und überhaupt sieht die Tabelle noch nicht wirklich beunruhigend aus. „Unser Vorsprung ist immer noch komfortabel“, sagte der Coach im wohligen Gefühl, dass neun Punkte auf den Zweiten weiterhin ein recht angenehmes Polster sind.

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