Jupp Jupp Hurra!

von Redaktion

Das 3:1 im Topspiel beim BVB krönt die Heynckes-Bilanz – die Liga wird langweilig, Bayern freut’s

von hanna raif

Dortmund – Im Kabinentrakt von Dortmund geht es hektisch zu. Laut, wuselig, als Beobachter weiß man gar nicht genau, wo man hinsehen bzw. -hören soll. Und nach einem Topspiel, einem sogenannten deutschen Clasico, sind ja sowieso alle Beteiligten noch einen Tick hektischer, wuseliger und lauter als sonst. Es gab am Samstagabend also Momente, in denen man Mühe hatte, sein eigenes Wort zu verstehen; Trainer, Spieler, Medienvertreter, alle liefen und riefen durcheinander. Aber in genau so einem Moment gab es ein Geräusch, das alles übertönte. Es kam von rechts, aus der Umkleide des FC Bayern, und hörte sich in etwa so an: „Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!“

Man konnte es den Spielern nicht verübeln, dass sie sich nach dem 3:1 gegen Borussia Dortmund, dem siebten Sieg im siebten Spiel unter Jupp Heynckes, einen Augenblick der Ekstase gönnten. Der Urschrei war beim Jubel-Foto entstanden, das wenige Minuten später über die sozialen Medien verbreitet wurde, und der Rhythmus der Techno-Musik gab fortan den Takt für das bunte Treiben in den Katakomben an. Die Stimmung in der Kabine, ja, sie muss gut gewesen sein. So gut, dass die Klub-Obersten die Jungs auch gerne einfach mal unter sich ließen. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge hatten einen Blick zur Mannschaft geworfen und schnell gratuliert, waren dann aber rasch in den Bus verschwunden. Genau ein Satz des Vorstandschefs reichte aus, um die Gemütslage in der Woche vier nach Carlo Ancelotti in Worte zu fassen. Rummenigges Fazit: „Alles wunderbar!“ Übersetzt: Jupp Jupp Hurra!

So einfach scheint es also im Fußball zu sein: Man ersetzt einen Trainer, dem das Gesamtkonstrukt aus den Fugen gelaufen ist, durch einen, der das Gesamtkonstrukt kennt wie kaum ein zweiter seiner Zunft – und plötzlich ist man nicht mehr fünf Punkte hinter dem einstigen Spitzenreiter, sondern sechs Punkte vor ihm. „Wahnsinn, das ist einfach Wahnsinn“, sagte Arjen Robben, der wie Robert Lewandowski und David Alaba in Dortmund getroffen hatte. Sportdirektor Hasan Salihamidzic konnte „nur den Hut ziehen“ und sprach von „einer großen Leistung, bravourös“. So bravourös, dass wohl nicht mal die kühnsten Optimisten der Branche noch daran glauben, dass der Meisterkampf in dieser Saison auch nur von einem Hauch von Spannung begleitet werden wird.

Den Bayern ist das freilich egal. „Wir hätten keine Probleme damit, wenn es langweilig wird“, sagte Mats Hummels. Der Rest der Liga schon. Zumal Heynckes nach der Partie ankündigte: „Wenn alle wieder an Bord sind, werden wir noch besseren Fußball spielen.“

So oder so, seit Samstag ist gewiss: Auf dem Weg zur sechsten Meisterschaft hintereinander können sich die Bayern nach diesem Sieg eigentlich nur noch selbst im Weg stehen. Die Partie vor 81 360 Zuschauern in Dortmund war zwar statistisch ausgeglichen – der BVB hatte sogar mehr Torschüsse. Dennoch wurden die Gäste ihrer Favoritenrolle in jeder Minute gerecht. „Spielerisch“, sagte Robben, „war das unser bestes Spiel. Wir haben uns als Mannschaft gezeigt.“ Wann immer die Dortmunder eine gute Phase hatten – der Anschlusstreffer von Marc Bartra (88.) kam zu spät – reagierten die Bayern eindrucksvoll. Hummels machte angesichts zahlreicher ungenutzter BVB-Großchancen (Ulreich rettete stark) die „Effektivität“ als Schlüssel zum Sieg aus. Auch in den Punkten Körpersprache, Zweikampfverhalten und Zusammenspiel aber sind die Bayern dem krisengebeutelten BVB im Moment voraus.

Elf Punkte weniger Ertrag aus vier Spielen sprechen Bände. Die Bayern aber waren bemüht, genau diese Statistik als Warnung widerzugeben. „Das kann uns auch passieren“, sagte Joshua Kimmich, und auch Robben verwies auf die Notwendigkeit, „jetzt bodenständig und ruhig“ zu bleiben. Es sei gerade mal Anfang November, erinnerte er, trotzdem habe er eine Frage zum Triple gestellt bekommen: „Damit müssen wir sofort aufhören!“

Heynckes – der die anstehende Länderspielpause für eine Stippvisite bei Frau Iris, Hund Cando, Katze und Koi-Karpfen im heimischen Schwalmtal nutzt – nannte es: „Ball flach halten.“ Und beim FC Bayern klappt ja derzeit alles, was dieser Mann sagt.

Und jetzt alle: Jupp Jupp Hurra!

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