Berlin – Sie hatten den Ausflug nach Berlin als erste große Reifeprüfung dieser Bundesligasaison gesehen. Als ersten Test, wie es um die sportlichen Qualitäten des neuen Kaders wirklich schon bestellt ist. Wenn das so ist, können die Basketballer des FC Bayern dem weiteren Saisonverlauf eigentlich ganz entspannt entgegensehen. 80:70 (43:45) setzten sich die Münchner in einem rasanten Spitzenspiel dank einer bärenstarken zweiten Halbzeit bei Alba Berlin durch und knöpften dem Gegner damit auch die Tabellenführung ab.
Kapitän Anton Gavel quittierte es mit verschmitztem Lächeln und richtete den Blick gleich wieder nach vorne. „Mit dem, wie wir bisher gespielt haben, können wir ganz zufrieden sein“, sagte er, „aber wir haben jetzt vier Heimspiele vor uns, die wir unbedingt gewinnen wollen“. Das nächste bereits am Mittwoch – im 20.30 Uhr ist dann im Eurocup Reggio Emilia im Audi Dome zu Gast. Ein Duell, dem die Bayern aber auch mit Sorgen entgegensehen. Der immer stärker werdende US-Import Jared Cunningham musste in Berlin nach einem Zusammenprall vorzeitig das Feld räumen. Erster Verdacht: Gehirnerschütterung oder Schädelprellung.
Vor der Saison-Rekordkulisse von 13 566 Zuschauern sah es zunächst allerdings so aus, als könnten die Bayern an diesem Nachmittag doch mal wieder ins Wanken geraten. Auch ohne den kurzfristig mit einer Daumenverletzung ausgefallenen Nationalspieler Niels Giffey hielt Alba mit großer Intensität dagegen. Die Gastgeber schnappten sich die Rebounds (21:8 zur Pause). Vor allem Regisseur Peyton Siva bewies von der Dreierlinie Händchen (5 von 7 Treffer/21 Punkte).
Doch die Bayern zogen ihre Schlüsse. Wobei für Trainer Sasa Djordjevic die Hauptveränderung zwischen den beiden Halbzeiten vor allem in den Köpfen stattfand. „Wir haben an Basketball gedacht und nicht an irgendwelche Dinge, die wir nicht beeinflussen können wie die Schiedsrichter“, sagte er.
Vor allem in der Defensive zogen die Münchner die Zügel an. 31 Berliner Punkten in Viertel Nummer zwei folgten mickrige acht im dritten Abschnitt. Und das war die Basis dafür, dass aus einem Spitzenspiel auf Augenhöhe dann doch eine kleine Münchner Machtdemonstration wurde. Wie auch Siva neidlos anerkannte: „Das war sehr lehrreich für uns.“
Vor allem weil die Bayern auf der anderen Seite auch ziemlich kühl ihre Offensivpower ausspielten. Wo es möglich war, drückten sie aufs Tempo. Ansonsten ließen sie geduldig den Ball kreiseln. Die gute Wurfposition fand sich nahezu immer. Und dass Djordjevic’ viele Vollstrecker in seinem Ensemble hat, ist kein Geheimnis. Die zehn eingesetzten Profis trafen allesamt auch ins Schwarze. Allen voran Reggie Redding (12 Punkte) und Nihad Djedovic (14), die das Fehlen des defensivstarken Giffey gut zu nutzen wussten.
Djedovic war es auch, der die letzten Zweifel beiseite wischte. Als er kurz vor dem Ende des dritten Spielabschnitts die Münchner Führung per Dreier wieder in den zweistelligen Bereich (64:53) beförderte, war in der Arena am Ostbahnhof der Glaube an einen weiteren Favoritensturz nach Albas Sieg in Bamberg in der Vorwoche dahin.
Doch Bayerns Trainer glaubt, dass man sich in dieser Saison im Rennen um die großen Kuchen wiedersehen wird. „Sie sind ein toll zusammengestelltes Team“, sagte Djordjevic, „definitiv ein Mitfavorit.“