Augsburg – Als die deutsche Nationalmannschaft, Rekordsieger bei ihrem seit drei Jahrzehnten ausgetragenen Hausturnier, am späten Sonntagnachmittag das Eis betrat, war der Deutschland-Cup schon vergeben. Das Mittagsspiel war zum Finale geworden: Russland, ungeschlagen, gegen die Slowakei, ungeschlagen. 4:2 für die Russen ging es aus, die die Veranstaltung im Augsburger Curt-Frenzel-Stadion in jeder Hinsicht bereicherten.
„Der Deutschland-Cup hatte eine kleine WM-Ausstrahlung“, sagte Franz Reindl, der Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), nach dem Highlight-Match vom Samstag zwischen Russland und den USA. Es herrschte ein bisschen Kalter Krieg, man tauschte Fiesheiten aus, es war zudem spannend, weil Russland 0:2 zurücklag. Aber das ist dieser Mannschaft in jeder Partie widerfahren, auch gegen Deutschland und Slowakei stand es zwischendurch 1:2. Bemerkenswert, dass von insgesamt 17 Treffern die Russen neun zwischen der 32. und 39. Minute produzierten. „Da sind auch wir in die Waschmaschine geraten“, sagte Reindl, „das kann gegen die Russen mal passieren“. Bedenklich war es freilich schon, wie die Deutschen das hinnahmen. „Wir haben nicht mehr gespielt und sind nicht mehr gelaufen“, bilanzierte Bundestrainer Marco Sturm.
Wenn man ihn in den Tagen von Augsburg vor die Wahl gestellt hat, ob er Ergebnisse oder Erkenntnisse höher bewerte, hat er sich eindeutig dafür entschieden, dass er Einsichten gewinnen wolle. Wer kommt für die Olympia-Kaderplätze in Frage, die er noch offen hat („Einige Spieler haben sicher ein dickes Plus“)? Die Form, die einige seiner Cracks an den bisher zwanzig Spieltagen der DEL gezeigt haben, hat er schon moniert. Wichtig nach dem 2:8 war ihm nun auch zu sehen, wie seine Nationalspieler reagieren. Von einer „emotionalen Rückkehr“ war am Tag darauf die Rede, Sturm erklärte: „Die Mannschaft hat die Antwort gegeben, die verlangt worden war.“ Nur: Auch Spiel zwei ging verloren, 0:3 gegen die Slowakei, einen Gegner, den man in der Weltrangliste inzwischen hinter sich gelassen hat. Das Problem nun: keine Tore. „Die Slowaken“, so Sturm, „haben ihre großen Verteidiger vors Tor gestellt“.
Wohl wahr, machte aber deutlich, dass die deutsche Nationalmannschaft keine Torjäger hat, wenn die NHL-Akteure (wie Draisaitl, Rieder, Kühnhackl) unabkömmlich sind und nationale Größen wie Patrick Reimer aus Nürnberg mal eine Pause bekommen. Der Deutschland-Cup 2017 hat zwischendurch schon auch Qualitätszweifel aufkommen lassen und ob die gute Entwicklung, die 2015 unter Marco Sturm begann, fortgeführt wird. „Ich glaube nicht, dass wir wegen zwei Niederlagen nun abkratzen“, meint der Kölner Verteidiger Moritz Müller.
Das Angebot an in Deutschland tätigen Kräften wirkt aber nicht opulent, Marco Sturm wird morgen zu einer Nordamerika-Reise aufbrechen und auch die deutschen Spieler in den Minor Leagues besuchen. „Da gibt es einige Jungs“, sagt Franz Reindl über mögliche Olympia-Kandidaten. Vorige Saison hatte er aus der College-Liga den gebürtigen Kölner Frederik Tiffels geholt – ein Gewinn für die WM 2017.
Zum Abschluss jedoch warb auch der bestehende Kader um das Vertrauen des Trainers. Gegner USA war jeglicher Spirit abhandengekommen, die Deutschen hatten ihn. Und gewannen verdient mit 5:1 (1:0, 3:1, 1:0). Die Tore erzielten Mauer, Macek, Seidenberg (München), Raedeke (Mannheim) und Holzmann (Augsburg).