Löws WM-Auslese

Kalter Konkurrenzkampf

von Redaktion

Der morgige Gegner steht für eine Zäsur. Nicht, weil das Duell mit Frankreich Bundestrainer Joachim Löw tieferreichende Aufschlüsse für seinen WM-Kader geben wird. In dieser Hinsicht wird das Spiel das Schicksal der Partie vom Freitag in Wembley teilen: Reizvoll vom Namen her, aber wegen seiner Ansetzung wenig relevant für eine fundierte Standortbestimmung. Frankreich ist aber trotzdem ein Wegweiser mit Blick auf die WM in Russland. Denn die Erlebnisse bei der EM im Land der „Grande Nation“ vor zwei Jahren sollten lehrreich sein. Man hat es inzwischen verdrängt; aber ein paar Tage stand Löw damals sogar infrage. Und in seinem Fall sind ein paar Tage eine kleine Ewigkeit.

Der Weltmeister hätte bei dem Turnier in Frankreich nicht im Halbfinale am Gastgeber scheitern müssen. Er schied auch nicht aus, weil die „Equipe Tricolore“ wesentlich besser war, auch leitete der K.o. – wie die Folge bewies – keinen Machtwechsel an der Spitze ein. Löw scheiterte damals, weil man nach dem WM-Coup 2014 doch ein bisschen zu selbstverliebt weitergemacht hatte. Nicht zuletzt deshalb hat er vor dem Turnier im nächsten Sommer einen harten Konkurrenzkampf ausgerufen.

Nur: Wird er sich selbst daran halten?

Ein Konkurrenzkampf muss, so heißt es im Sport, vor allem eins sein: heiß. Jeder Fehler wie ein Sturz in ein Lavabecken quasi, doch der deutsche Konkurrenzkampf vor zwei Jahren war: kalt. Löw hatte seine Weltmeister nominiert, unter anderem Lukas Podolski. Die große Frage wird nun sein, ob er auch einmal verdiente Weggefährten streicht. Mesut Özil und Mario Götze haben eigentlich wenige Argumente für eine Nominierung, auch Julian Draxler ruht sich aus, seit er Deutschlands B-Elf im Sommer zum Confed Cup-Sieg geführt hat. Sollen am Ende Männer wie Leon Goretzka, Leroy Sane oder Sebastian Rudy zuhause bleiben?

Die Spiele jetzt gegen England und Frankreich sowie im Frühjahr gegen Spanien und Brasilien sind nur ein Gerüst, an dem die Frage nach Löws Härte hängt. Bleibt er seinem bisherigen Stil treu, lautet die Wahrheit, dass sein 23er-Kader bis auf ganz wenige Plätze bereits feststeht. Erst bei der offiziellen Bekanntgabe der WM-Fahrer wird sich zeigen, ob es Joachim Löw tatsächlich so ernst gewesen ist, wie er es neulich angekündigt hat. Aber Frankreich war ja schon immer ein gutes Pflaster für Revolutionen. Russland im Übrigen auch.

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