Ein Spitzenspiel für die Seele

von Redaktion

Bayerns Basketballer wollen am Sonntag beweisen, dass sie Bamberg bezwingen können – Wiedersehen mit Bryce Taylor

Von Patrick Reichelt

München – Bryce Taylor musste sich kurz vergewissern, wo er sich gerade befand. Gestern Nürnberg, heute Mailand – man könnte schon den Überblick verlieren als Euroleague-Profi. Diesen Sonntag allerdings hat Taylor dann doch genau im Blick. Kein Wunder, zum ersten Mal seit seinem Wechsel zu den Baskets Bamberg kehrt er nach München zurück. Um 17.30 Uhr muss Taylor mit seinen Kollegen beim FC Bayern ran. Im Audi Dome, in jener Halle also, die vier Jahre lang auch seine sportliche Heimat war.

Eines weiß der 31-Jährige schon jetzt: Es wird viele Hände zu schütteln geben. Von Mitspielern wie Reggie Redding (Taylor: „Er ist der Beste“) bis hin zum Security-Mann, der ihm die Türe zum VIP-Bereich öffnete – der Kalifornier war beliebt in der Arena am Westpark: „Ich freue mich drauf.“

Da könnte man schon fast vergessen, dass das Wiedersehen sportlich reichlich Zündstoff mit sich bringt. „Wenn wir gewinnen, dann sind wir schon in einer sehr guten Position in Richtung Playoffs“, sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß dieser Tage. Um drei Niederlagen hätte man den holprig gestarteten Rivalen dann schon distanziert. Das wäre eine Menge Holz, wenn man bedenkt, dass sich die Münchner in der kompletten Vorsaison als Hauptrunden-Dritter (!) ganze vier Pleiten leisteten.

Man ahnt: Auch psychologisch wäre ein Erfolgserlebnis wichtig für die Bayern, die so gerne endlich den ersten Titel nach 2014 feiern würden. Bei einer Niederlage würde man einigermaßen verkatert in die Länderspielpause gehen. Vor ziemlich genau einem Jahr hatte Trainer Sasa Djordjevic nach der 59:90-Katastrophe in Bamberg so etwas wie eine Bamberg-Blockade in den Köpfen seiner Spieler ausgemacht. „Man hat das Gefühl, dass die Spieler im Kopf haben, dass sie die wichtigen Spiele gegen Bamberg in den letzten Jahren allesamt verloren haben – so wie die Bamberger in den Köpfen haben, dass sie diese Spiele gewonnen haben“, sagte er. Doch er glaubt, dass sich die Dinge mit dem neuen Personal ändern. „Ich denke, wir sind dabei, das zu ändern. Es liegt vor allem an uns.“

Wobei der große Widersacher aus Franken nach dem gewaltigen personellen Umbruch langsam aber sicher in Fahrt kommt. Am Mittwoch feierten Bryce Taylor und Kollegen in der Euroleague-Partie gegen den FC Barcelona eine fast epische Wiederauferstehung. Nach einem 12:38-Auftaktviertel gewannen die Bamberger noch mit 84:81. 26 Punkte wettzumachen, „das habe ich in meiner Karriere noch nie erlebt“, sagte Taylor. Für ihn auch eine Charakterfrage: „Viele Mannschaften wären in so einem Spiel nicht zurückgekommen.“

Allerdings ist natürlich schon die Frage, wie viel Energie der Meister für den BBL-Showdown noch aufbringen kann zum Ende einer Woche mit gleich zwei Euroleague-Duellen. „Dass sie am Freitag noch einmal spielen mussten, hilft ihnen sicher nicht“, sagte Trainer Sasa Djordjevic, der immerhin auf die Rückkehr von Stefan Jovic hoffen darf. Der Serbe ist seit Freitag nach seiner Handverletzung wieder im Training. Die Entscheidung über seinen Einsatz wird kurzfristig fallen.

Allerdings hatten die Bayern zuletzt selbst ihre Probleme gehabt, Energie für die vollen 40 Minuten aufzubringen. Gegen Tübingen wie auch Galatasaray Istanbul kamen sie vor allem in der Defensive nur denkbar mühevoll in Fahrt. Erst dank der Aggressivität von Spielern wie Nihad Djedovic oder Danlo Barthel ist das Münchner Spiel dann ins Rollen gekommen. Aber darauf alleine will Djordjevic nicht bauen. „So eine Herangehensweise brauche ich.“

Und egal wie die Sache ausgeht – Taylor kann sich zumindest auf ruhigere Tage freuen. Kommende Woche muss er mit seinen Bambergern nur gerade ein einziges Mal ran.

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