München – Warum gehen die Menschen zum Eishockey? Auch, weil’s laut ist. Ein Torschrei kann wunderbar hallen in einer Eis-Arena.
Wenn Wolfsburg auswärts Tore schießt, ist das anderes. Eher wie Stummfilm. Die Grizzlys haben den schwächsten Zuschauerschnitt unter den 14 Klubs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), und es ist ja klar, dass für ein Freitagabendspiel im November kaum ein Fan durchs fast ganze Land reist. Bei Treffern der Grizzlys ist es folglich still, die Szenerie jubelnd abdrehender orange gewandeter Spieler hat was Unwirkliches.
Dem EHC München hat das gespenstisch vorgekommen müssen. Zu oft gab es diese lautlosen Augenblicke. Und so verlor das Team von Trainer Don Jackson am Freitagabend die Neuauflage der beiden vergangenen und klar gewonnenen Finalserien vor 4360 Zuschauern deutlich mit 2:5 (1:0, 0:4, 1:1). Die Tabellenspitze ist weg, die hatte bereits am Vortag Nürnberg mit einem 4:2 gegen Ingolstadt übernommen. Am Sonntagnachmittag kommt es in Nürnberg zum Duell zwischen Ice Tigers und EHC. Ein Spitzenspiel, das zuletzt immer Spektakel-Garantie hatte. Es wird gewiss kein Stummfilm werden.
Es ist schon erstaunlich, dass der Meister der Jahre 2016 und 17 bei all seiner unbestrittenen Klasse und mit derzeit fast voller Mannschaftsstärke (lediglich der laufstarke Verteidiger Markus Lauridsen fehlt) sich solche Aussetzer leistet wie vor einer Woche zuhause gegen Schwenningen (2:5) und nun auch ein solches zweites Drittel wie gegen Wolfsburg. Aus den ersten 20 Minuten war München mit einer standesgemäßen 1:0-Führung (Jason Jaffray/8. Minute) hervorgegangen, EHC-Torwart David Leggio war deutlich weniger gefragt als Gerry Kuhn auf Wolfsburger Seite. „Wir waren zurückhaltend, haben München zu viel Platz gegeben“, kritisierte am Mikrofon von Telekomsport Grizzlys-Stürmer Gerrit Fauser – der dann wesentlich zu einem veränderten Verlauf des nächsten Abschnitts beitrug. Er nahm EHC-Topscorer Keith Aucoin die Scheibe vom Schläger (schülerhafte Fehlleistung des Münchners) und machte das 1:1 (24.). Eine Minute später schon das 2:1 für Wolfsburg (Kreps), Button, Joslin und Leggio verhalten sich inaktiv; beim 1:3 (29./Mulock) war Seidenberg zu spät dran, beim 1:4 (Fauser/33). reklamierte der indisponierte Münchner Goalie Leggio, von Proft im Torraum behindert worden zu sein. Der Videobeweis sagte: Das war nicht der Fall.
„Die Münchner werden sauer sein und noch einmal Gas geben“, erwartete Fauser fürs Schussdrittel. Tatsächlich gab es für den EHC einen Moment, der die Stimmung aufhellte: der 2:4-Anschlusstreffer durch Brooks Macek in Unterzahl (42.). „Da geht och was“, rief Stadionsprecher Stefan Schneider – doch in die Ansage hinein fiel schon das 5:2 für Wolfsburg. Der Puck, mehr geschoben als geschossen von Tyler Haskins, rutschte Leggio durch die Beine.
Einige Male in dieser Saison hat der EHC München schon bewiesen, dass er Rückstände binnen Minuten in ein passendes Ergebnis verwandeln kann. Gegen Wolfsburg mit Pavel Gross, dem ewigen Tüftler unter den DEL-Trainern, funktionierte das nicht. Die Grizzlys verrichteten ihren Job. In stiller Effektivität.