München – Die Besetzung der Fußballer gestern im Audi Dome sprach Bände. Ohnehin wird es schwer gewesen sein, für den Gaudi-Wettstreit mit Fans und Basketballern vollkommen unversehrte Fußball-Profis zu finden. Und dass letztlich vier Defensivspieler antraten, war mit Sicherheit kein Zufall. Sven Ulreich, Mats Hummels, Sebastian Rudy und Javi Martinez vertraten die Kollegen, von denen die meisten im Moment andere Probleme haben als Spaßturniere. Und zwar: Ihre eigenen Körper.
Die Verletztenliste des FC Bayern war zu Beginn der Woche, an deren Ende diesen Samstag Hannover 96 gastiert, sehr, sehr prominent bestückt. Auch Jupp Heynckes hatte schon von einem „Problem“ gesprochen, „wenn man nicht mehr nachlegen kann“, und als dann dieser Tage Joshua Kimmich im Training ordentlich auf die Füße bekam und Robert Lewandowski individuell trainierte, befürchteten Außenstehende schon Schlimmstes. In beiden Fällen gab es Entwarnung, angesichts der Ausfälle von bis zuletzt Thomas Müller (Muskelfaserriss), Franck Ribery (Knie), Thiago (Muskelteilriss), Arjen Robben (Muskelfaserriss), James (Gehirnerschütterung), David Alaba (Rücken) und Juan Bernat (Oberschenkel) war das noch wichtiger als sonst. Da zudem für den heutigen Donnerstag eine Pressekonferenz mit Thomas Müller angekündigt ist, Franck Ribery nach seiner ersten kompletten Einheit twitterte „I’ll be back“ („ich werde zurück sein“) und auch James gestern wieder ins Training einstieg, besteht die leise Hoffnung, dass die Personaldecke im Endspurt des Fußballjahrs 2017 etwas dicker wird.
Sechs Pflichtspiele in 18 Tagen stehen an, vier davon finden zu Hause statt, und Hummels gab gestern die Richtung vor, indem er sagte: „Wir wollen jedes Spiel gewinnen.“ Auch Karl-Heinz Rummenigge forderte, „eine neue Serie zu starten, nachdem die alte beendet ist“. Zur Erinnerung: Heynckes hatte die ersten neun Spiele seiner vierten Amtszeit in München gewonnen. Das Ziel ist es nun, dem „Galactico“ Paris (Rummenigge) im Finale der Champions League-Gruppe ein Bein zu stellen, Herbstmeister zu werden und im Pokal zu überwintern. Rudy; „Bis zur Winterpause wollen wir keine Punkte mehr abgeben.“
Dass Müller nach überstandener Muskelblessur nun wieder dabei sein kann, wird dem Team wohl guttun. „Allein die Stimmung im Training ist anders, wenn er dabei ist“, sagte Rudy. Und Hummels fügte hinzu: „Er hat gebrannt darauf, zurückzukommen.“ Richtig viel „Lust und Feuer“ versprühe der 28-Jährige, der – als er sich Ende Oktober in Hamburg verletzte – das größte Problem der Bayern personifizierte: Wenn sich einer verletzt, der angeblich gar keine Muskeln hat, ist man alarmiert. Die Bayern waren das Training von Heynckes nach eineinviertel Jahren unter Carlo Ancelotti nicht mehr gewohnt.
Hummels sprach von „Phasen, die eine Mannschaft mal hat“, Robert Lewandowski wurde da etwas direkter. Der Pole sagte der „Sport Bild“: „Wenn viele Muskelverletzungen passieren, muss man nicht die letzten Wochen des Trainings beobachten, sondern zwei, drei Monate zurückgehen“. Es sei „wahrscheinlich, dass da der Grund liegt“. Unter Ancelotti hatten die Spieler ungewöhnlich locker und zum Teil extra trainiert. Richtig zufrieden war kaum einer mit den Einheiten.
Wenn Heynckes Anweisungen gibt, wollen alle – viele können aber nicht. Mit den Rekonvaleszenten wird der 72-Jährige daher behutsam umgehen. Müller soll am Samstag im Aufgebot stehen, muss aber nicht beginnen. Und Ribery, laut Rummenigge „im Frühjahr eine Waffe“, muss sich noch bis Dienstag gedulden. Wahrscheinlich war es gut, dass er sich gestern geschont hat. Gegen Paris nämlich warten nicht ein paar Fans und mittelmäßig kickende Basketballer, sondern Neymar und Co. Man wird an oder über die Grenzen gehen müssen, um das 0:3 aus dem Hinspiel vergessen zu machen – und damit auch Ancelotti.