Moskau – Miroslav Klose gibt seinen Schatz ungern her. Stolz, aber auch ein wenig wehmütig wird der Rekordtorschütze am Freitag als Ehrengast die Goldtrophäe zur WM-Auslosung in den Prunksaal des Kreml tragen – geht es nach Weltmeistertrainer Joachim Löw, nur als freundliche deutsche Leihgabe bis zum Moskauer Finale am 15. Juli 2018. Selbst, wenn bereits in der Gruppe Spanien oder England wartet.
Ob Diego Maradona und Gordon Banks den Weltmeistern 196 Tage vor dem Eröffnungsspiel nun einen Giganten zulosen oder kleinere Kaliber wie Peru und Panama, hat für Löw keine übergeordnete Bedeutung. Er wünscht sich zwar „eine sportlich attraktive Gruppe“, sieht die Vorrunde aber vor allem als Startrampe auf dem langen Weg zu Historischem: „Alles ist unserem Ziel untergeordnet, in Russland erneut Weltmeister zu werden“, betont er. Der Bundestrainer bleibt gelassen. Komme da, wer wolle.
„Die WM-Auslosung im Kreml – das ist ein Erlebnis. Aber für uns geht es in Russland auch um das Ergebnis“, sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel: „Egal, wen wir zugelost bekommen, wir werden mit einer hochtalentierten Mannschaft antreten und dem Ziel, das Turnier zum fünften Mal als Weltmeister zu beenden.“ Und sollte es gleich am Anfang etwa gegen Spanien gehen, „dann müssen wir da halt durch“, sagt Toni Kroos.
Der „Angstgegner“ wäre aufgrund des Auslosungsmodus erst einmal der einzige von Weltniveau. Es wird keine „Hammergruppe“ geben. Spanien und England sind zwar in Topf 2, aber eben auch Peru und die Schweiz. Erhält das als Gruppenkopf gesetzte Deutschland einen der harten europäischen Prüfsteine, kann keine weitere europäische Mannschaft in diese Gruppe kommen. Somit wäre das Schlimmstmögliche in etwa: Spanien, Costa Rica, Japan. Die vermeintlich leichteste Konstellation bestünde aus Peru, Ägypten und Panama.
„Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir uns früher oder später mit allen messen“, sagt Kroos. Das ist die gängige Plattitüde, aber die Wahrheit. Das Aufblähen der WM auf 32 Teams in acht Vierergruppen hat es sehr unwahrscheinlich werden lassen, dass sich große Gegner früh gegenseitig aus dem Weg räumen.
Eine leichte Gruppe für ein gutes Turnier: Das stimmt ohnehin nicht mehr. Seit 2006 ist immer jene Mannschaft Weltmeister geworden, die in Addition der FIFA-Weltranglistenposition die schwierigste Gruppe erwischt hatte. Auch Deutschland 2014 mit Portugal, den USA und Ghana. Dennoch wartet „einer dieser Momente, in denen die ganze Fußballwelt den Atem anhält. Die Spannung ist enorm“, sagt Klose.
Wichtiger ist Löw die Gewissheit. Er könne sich ab Freitag gegen 18.00 Uhr „nicht nur gezielt auf die ersten Gegner vorbereiten. Man weiß auch, welchen Weg man beim Turnier geht.“ Das wiederum ist eminent wichtig für die Quartierwahl, die schnellstmöglich erfolgen soll. Alternativen sind Sotschi am Schwarzen Meer mit viel Wärme, Sonne und Leichtigkeit – und die Region Moskau, die eher einen herben Charme, aber kürzere Wege zu bieten hat.
Traurig werden am Freitag in der Qualifikation gescheiterte Größen wie Italien, Chile oder die Niederlande nach Moskau blicken. Kroos nimmt es mit Humor: „Es sind ja noch genug Favoriten übrig.“ Auch wenn einer davon erst mal den WM-Pokal abliefern muss. dpa