Berlin – Bundesinnenminister Thomas de Maiziere und die deutschen Wintersportverbände sind sich vor der sporthistorischen Entscheidung über einen Russland-Ausschluss von Olympia heute einig: Das IOC soll konsequent und nachvollziehbar durchgreifen. Ein Komplett-Ausschluss Russlands für die Winterspiele in Pyeongchang (9. bis 25. Februar) sei aber kein Muss.
Der für den Sport zuständige Minister de Maiziere fordert vom IOC eine nachhaltige Sanktionierung Russlands. „Das muss so gemacht werden, dass es auch hält. Sonst könnte ein psychologischer und kommunikativer Rückschlag erfolgen, den wir nicht wollen“, sagte der CDU-Politiker am Wochenende.
„Ich kenne die Faktenlage nicht, bin aber nach den letzten Entscheidungen des IOC zuversichtlich, dass die entsprechende Härte dann auch so nachgewiesen wird, dass sie hält“, ergänzte der Minister. Mit Blick auf die bereits verhängten lebenslangen Olympia-Sperren gegen 25 russische Athleten sagte de Maiziere, es seien schon „harte Strafen ausgesprochen“ worden, „die richtig sind.“
Präsident Franz Reindl vom Deutschen Eishockey-Bund (DEB) forderte ebenfalls eine klare Linie. „Ich bin für eine rigorose, für die härteste Bestrafung von Dopingsündern“, sagte Reindl. Der DEB-Boss ist jedoch gegen ein Kollektiv-Aus, will nicht, dass Russlands Eishockey-Nationalmannschaft ausgeschlossen wird, „weil diese Spieler wohl nachweislich absolut nichts mit den Vorgängen in 2014 (…) zu tun hatten.“
Franz Steinle vom Deutschen Skiverband (DSV) glaubt mittlerweile daran, dass in Russland „planmäßig und systematisch manipuliert wurde“. Ob das am Ende dazu führt, „dass ein Verband oder ein Land kollektiv zur Rechenschaft gezogen wird“, hänge davon ab, ob „die Vorwürfe auch hinreichend nachgewiesen werden können“, so der Verbandschef.
Vor allem der jüngste Bericht der IOC-Kommission des Schweizer Juristen Denis Oswald hatte die Anti-Russland-Front gestärkt. Die Arbeit von Ermittler Richard McLaren, der dem Riesenreich ein systematisches Doping von 2011 bis 2015 attestiert hatte, wurde gelobt.
Das harte Durchgreifen der Oswald-Kommission sorgte für Aufsehen. „Wir hätten nicht gedacht, dass unsere Sportarten in diesem Ausmaß vom Dopingskandal betroffen sind“, sagte Vorstand Thomas Schwab vom Bob- und Schlittenverband für Deutschland, nachdem so viele russische Skeleton-Athleten und Bobsportler gesperrt worden waren. Da ihm wichtige Informationen fehlen, wollte sich Schwab in die Debatte um die Sanktionen nicht einmischen.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann begrüßte den harten Kurs des IOC. Die lebenslangen Olympia-Sperren für einige russische Sportler „machen Mut“, sagte Hörmann. Unverständlich sei, dass „auch eineinhalb Jahre nach dem McLaren-Bericht“ bei vielen Verantwortlichen in Russland „noch keinerlei Einsicht und Umdenken bzw. neues Handeln erkennbar sind“, so Hörmann.
Für Bernhard Mayr, Präsident des Deutschen Curling-Verbandes, ist die Lage nicht so eindeutig. „Es fällt schwer, mich für etwas Konkretes auszusprechen, da ich die Faktenlage nicht genau kenne“, gab Mayr zu, meinte aber: „Ich hoffe, dass das IOC bei den Themen, die eindeutig sind, konsequent bleibt.“
Udo Dönsdorf, Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union, äußerte Bedenken im Falle eines Komplett-Ausschlusses, zumal der Eiskunstlauf nicht unbedingt zu den gefährdeten Sportarten bezüglich Doping gehöre. „Eine kollektive Bestrafung würde wahrscheinlich auch Unschuldige treffen, und das wäre unfair“, so Dönsdorf.