Der deutsche Fußball auf Europas Bühne

Ohne Zaubertrank

von Redaktion

Es war nicht der Zeitpunkt für eine Maske, aber versprochen ist versprochen. Also erschien Coach Paulo Fonseca nach dem Einzug von Schachtjor Donezk ins Achtelfinale der Champions League im Zorro-Kostüm, filmreif mit Augenbinde und Hut. Er hatte angekündigt, im Erfolgsfall in die Rolle seines Kindheitshelden zu schlüpfen. Ob Alain Delon oder Antonio Banderas die bessere Verkörperung gewesen sei, wurde er gefragt. Weiß ich nicht, antwortete er. „Im Moment mag ich Zorro Paulo Fonseca!“

Der Mann sollte jede Chance nutzen, sich gut zu finden. Mehr denn je ist es im internationalen Fußball gerade für die Kleinen ratsam, den Moment zu genießen. Dass sich Fonseca ausgerechnet die „Zorro“-Maskerade ausgesucht hatte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Die Figur gilt als „Rächer der Armen“. Und die Armut, sie wächst im internationalen Fußball. Dass Donezk die Reichen im Achtelfinale ein weiteres Mal überlistet, wäre ein wahrhafter filmreifer Coup. Ist aber nahezu utopisch.

Die Bundesligisten sind unterdessen nicht mal mehr in der Lage, auf weitere Streiche zu hoffen – mit Ausnahme der renitenten Bayern, deren Tage unter den ganz Reichen aber auch angezählt sind. Zum Jahreswechsel 2017/18 beklagt man das schlechteste deutsche Abschneiden seit neun Spielzeiten, und die Dortmunder können von Glück reden, dass sie trotz blamabler zweier Punkte noch in der Europa League weitermachen dürfen. Überraschend ist diese Entwicklung nicht angesichts der Millionensummen, die die internationale Konkurrenz bewegt. Doch das ändert nichts daran, dass der Trend wehtut. Zu den Kleinen möchte man nicht gehören, als Weltmeister-Nation schon gleich drei Mal nicht.

Thomas Müller sagte, Paris habe keinen Zaubertrank. Damit hat der Bayer Recht. Nur haben die Bundesligisten ebenfalls keinen, bräuchten ihn aber dringender. Sogar Asterix und Kollegen benötigten ihn, um gegen übermächtige Gegner zu bestehen. Als Kind fand man das richtig gut. Als Erwachsener weiß man: Die Realität sieht anders aus. Und es ist – leider – so, dass sie allzu oft demaskierend wirkt.

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