München – Die Fans aus Köln bewiesen ihren Humor schon, als gestern Abend in der frostig kalten Allianz Arena noch nicht mal 20 Minuten gespielt waren. Und weil die Partie auf dem Rasen eher wie ein Trainingsspiel anmutete, waren sie sehr gut zu hören. Trotzdem musste man ein bisschen länger lauschen, bis man wirklich verstand, was da aus dem Gästeblock durch das Stadion hallte. Das Lied hatte den Refrain: „Wer wird Deutscher Meister? Der 1. FC Köln.“
Bis zu diesem Moment hatte der FC Bayern 86 Prozent Ballbesitz gehabt und in der Folge allein in der ersten Halbzeit 17 Flanken in den Strafraum gebracht. Aber weil man sich beim abgeschlagenen Tabellenschlusslicht halt an jeden Strohhalm klammert, konnte man bei so einem schmeichelhaften 0:0 in der ersten Hälfte schon mal euphorisch werden. Am Ende stand es nach einem Tor von Robert Lewandowski (60.) zwar 1:0 für die Gastgeber, die ihren Vorsprung an der Spitze ausbauten. Aber Köln und der neue Trainer Stefan Ruthenbeck fuhren immerhin in dem Wissen nach Hause, eine Stunde lang dagegen gehalten zu haben. Darauf lässt sich aufbauen.
So ein Mittwochabendspiel in der Bundesliga, noch dazu teils im Nieselregen, versprüht leider nicht halb so viel Charme wie eine Partie gegen Paris St. Germain. Aber: Auch da muss man durch. Man konnte den Spielern, die Jupp Heynckes aufs Feld geschickt hatte, trotzdem ansehen, dass etwas weniger Zug in den Aktionen war als noch vor einer Woche beim 3:1 im abschließenden Champions League-Gruppenspiel. Die Gastgeber – im Vergleich zum Sieg in Frankfurt um Robert Lewandowski, Sebastian Rudy, Corentin Tolisso und David Alaba ergänzt – übernahmen von Beginn an die Initiative und suchten den Weg zum Tor. Sie scheiterten aber zunächst entweder am Mangel an zündenden Ideen oder ungenügender Präzision im Torabschluss. Zahlreiche Zuspiele in den Strafraum brachten nicht den Ertrag, den man sich im Duell der Gegensätze – 32 Punkte lagen vor der Partie zwischen Bayern und Köln – erwartet hatte.
Auch Heynckes war nicht zufrieden, das sah man ihm am Spielfeldrand an. Immer wieder gestikulierte und schrie der 72-Jährige, doch ein Tor wollte nicht fallen. Da half es nichts, dass Lewandowski nach einer Ecke (11.), Thomas Müller (13.) und Niklas Süle per Kopf (38.) Großchancen hatten und sich fast das komplette Geschehen auf einer Seite abspielte. Genauso wenig wie einige gute Zuspiele – allen voran von den beiden Innenverteidigern Süle und Jerome Boateng. Aus dem Mittelfeld kam von Rudy und Tolisso nicht viel. Zudem auffällig: Während Müller und Lewandowski immer wieder vor dem Tor von Timo Horn auftauchten, war Franck Ribery – mit 366 Einsätzen nun ausländischer Rekordspieler des FC Bayern – kaum zu sehen. Ungefähr genauso wenig wie die Kölner.
Tom Starke, der erneut Sven Ulreich vertrat, erlebte lange einen ruhigen Abend und war vor der Pause lediglich bei einer Rettungstat weit vor seinem Strafraum wirklich gefragt. Immerhin die erste Aktion nach dem Seitenwechsel gehörte den Gästen (Klünter), dann aber drängten die Bayern – Heynckes hatte Tolisso und Vidal durch Kingsley Coman und James ersetzt – noch mehr nach vorne, während Köln sich tapfer wehrte. Das 1:0 hätte Lewandowski nach einer Flanke von Müller per Kopf machen können – oder müssen? Es wurde ein Geduldsspiel – solange, bis auf Lewandowski doch wieder Verlass war.
Eine Stunde war um, als eine erneut starke Flanke von Boateng den Weg über Müllers Kopf auf den Fuß des Polen und von da aus ins Tor fand. Die Führung war längst überfällig und hätte durch James, Coman (Lattenschuss) und kurz vor Schluss erneut James noch ausgebaut werden können. Bestraft wurde die Abschlussschwäche beinahe in der 87. Minute durch Klünter, aber Starke war zur Stelle. Am Ende sangen die Kölner Fans ein anderes Lied: „Vorstand raus, Vorstand raus!“