Nicht nur clever, sondern klug

von Redaktion

Die Bayern haben eine zehrende Hinrunde hinter sich, nun müssen sie mit ihren Kräften haushalten

von marc beyer

München – Über Arjen Robben hat sein Trainer gerade etwas sehr Interessantes gelesen. Der Niederländer, der einen Muskelfaserriss überwunden, dafür nun aber Probleme mit dem Ischiasnerv hat, solle in diesem Jahr angeblich nicht mehr zum Einsatz kommen. Weil das jahr ohnehin bald rum ist und nur noch die Spiele beim VfB Stuttgart (Samstag, 15.30 Uhr) und gegen Dortmund (Mittwoch) anstehen, wären die Folgen überschaubar. Trotzdem merkte Jupp Heynckes bei der Lektüre auf: „Da war ich überrascht.“ Bis zu ihm hatte sich die Nachricht noch gar nicht herumgesprochen. Und er ist immerhin der Verantwortliche für alle Fragen rund um die Aufstellung.

Der BVB ist seit Jahren Robbens Lieblingsgegner, aber diesmal könnte es tatsächlich so kommen, dass jemand anders die Tore für die Bayern schießen muss. „Arjen ist ein Spieler, der ganz beschwerdefrei sein muss“, weiß Heynckes. Das aktuelle Fitnesslevel seines Rechtsaußen nennt er hingegen bloß „relativ gut“.

Der Gesundheitszustand der Bayern ist während der gesamten Hinrunde ein großes Thema gewesen. Es gab Phasen, da war im üppig besetzten Kader bis auf den unverwüstlichen Robert Lewandowski nahezu kein verfügbarer Offensivspieler mehr zu finden. Inzwischen ist im Wartezimmer des Vereinsarztes nicht mehr so viel los (abgesehen von den Langzeitverletzten Manuel Neuer und Thiago), aber das macht die Arbeit für Heynckes nicht unbedingt einfacher. Für den Trainer besteht die Herausforderung weniger darin, mit der Energie seiner Profis bis zur kurzen Winterpause maßvoll zu haushalten. Schwieriger ist der Umgang mit den vielen Ex-Patienten, die wieder zurück sind, aufgrund ihrer Krankengeschichte aber sensibel auf Belastungen reagieren: „Das ist die Kunst, diese Spieler wieder einzugliedern.“

Franck Ribery zum Beispiel stand nach zwei Monaten Pause zuletzt dreimal in der Startelf. Einerseits würde Heynckes ihm in Stuttgart gerne ein Päuschen gönnen. Andererseits ist auch Kingsley Coman, der zweite Linksaußen, nicht vollkommen unversehrt. Nachdem die Adduktorenbeschwerden ausgeheilt sind, zwickt nun der Hüftbeuger. Der Trainer vergleicht den pfeilschnellen Franzosen mit einem „hochsensiblen Rennpferd. Die haben auch diese Probleme.“

Die Liste könnte man beliebig weiterführen. Thomas Müller ist erst wenige Wochen wieder dabei, David Alaba noch kürzer, und bei Jerome Boateng kann sich Heynckes an „alle möglichen Wehwehchen“ erinnern. Dass sie nun alle wieder auf dem Platz stehen und zum Teil sehr gute Leistungen zeigten, bedeutet nicht, dass die Bayern aller Sorgen ledig sind. „Hier und da müssen sie ökonomisch spielen“, fordert Heynckes. „Taktisch nicht nur clever, sondern auch klug. Das ist für mich etwas ganz anderes.“

Neben Linksverteidiger Juan Bernat, der seine muskulären Probleme überwunden hat, wird den Bayern auch Sven Ulreich wieder zur Verfügung stehen. Der Torwart trug 17 Jahre das VfB-Trikot, ehe er 2015 nach München wechselte. Zuletzt hat er dezent darauf hingewiesen, dass dieser Transfer gar nicht sein Wunsch, sondern der der Stuttgarter Vereinsführung gewesen ist. Die beliebte Phrase, wonach Partien gegen den Ex-Klub speziell sind, gilt für ihn deshalb ganz besonders. Heynckes hat ihm seinen Platz in der Startformation schon zugesagt. „Vielleicht muss ich aber noch mit Tom Starke sprechen, ob er das auch gestattet. Er ist ja unser Alterspräsident.“

Es ging am Freitag entspannt zu bei den Bayern, fünf Tage und zwei Spiele vor den Weihnachtsferien. Und selbst wenn die Kräfte langsam zur Neige gehen, sollte immer noch ausreichend Energie für Stuttgart vorhanden sein. Und für Dortmund. Mit oder ohne Robben.

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