Wagner wieder ein echter Bayer

Kein verlorener Sohn

von Redaktion

Eigentlich muss man sich fragen, warum die beteiligten Parteien nicht schon früher auf diesen Schachzug gekommen sind. Der „beste deutsche Stürmer“ (Zitat Sandro Wagner über sich selbst) gehört zum besten deutschen Verein, das ist genauso logisch wie einleuchtend. Und trotzdem hat Wagner, wenn er im neuen Jahr sein Arbeitspapier beim FC Bayern unterschreibt, einen Umweg über Duisburg, Bremen, Kaiserslautern, Berlin, Darmstadt und Hoffenheim genommen, um dahin zurückzukehren, wo er am liebsten geblieben wäre. Er musste 30 Jahre alt werden, um wieder für seine Jugendliebe kicken zu dürfen.

Es gibt im Fußball abertausende Geschichten von verlorenen Söhnen, die letzte im Kader des FC Bayern hat Mats Hummels geschrieben – und da merkt man schon den Unterschied. Hummels würde sich niemals vorlaut als Besten seiner Zunft bezeichnen, trotzdem fehlt er auf kaum einer Liste der weltbesten Verteidiger. Um ihn zurückzuholen, mussten sich die Bayern strecken und Fehler eingestehen. Der Kauf von Wagner hingegen ist – Stand heute – nicht mehr als der Beginn einer Zweckgemeinschaft.

Was negativ klingt, muss sich nicht negativ entwickeln – im Gegenteil. Denn auch wenn der Transfer nicht primär unter das Vorhaben des Branchenführers fällt, so viele deutsche Nationalspieler wie möglich in den eigenen Reihen zu versammeln, ist er durchaus durchdacht. Wagner kommt nicht ernsthaft, um Druck auf Robert Lewandowski auszuüben. Wie wichtig es aber ist, einen willigen Ersatzmann hinter eigentlich unantastbaren Spielern zu haben, beweist aktuell das Beispiel von Sven Ulreich. Auch er startete einst in München mit der Aussicht auf einen warmen Bankplatz. Aktuell wächst der Keeper in Abwesenheit von Manuel Neuer über sich hinaus.

Sind alle gesund, fällt es leichter, Stürmer zu tauschen als Torhüter. Das heißt nicht, dass Wagner in einem Spiel nach dem anderen auflaufen, aber wohl, dass er auf seine Einsatzzeiten kommen wird. Im Frühjahr, wenn die Bayern im Optimalfall noch mehr Power brauchen werden als im kräftezehrenden Jahresendspurt 2017, ist nun auch die letzte Position doppelt besetzt. Wagner kann in der Bundesliga helfen, wenn Lewandowski eine Pause braucht, und auch als Einwechselspieler in den anderen Wettbewerben, wenn eine Partie Spitz auf Knopf steht.

Für den (Ex-)Hoffenheimer heißt das allerdings, dass seine Schaufensterzeiten sich verkürzen werden. Wenn er am Zug ist, muss er liefern – sonst sieht Joachim Löw womöglich andere als „beste Stürmer Deutschlands“. Ein WM-Sommer in München? So groß ist Wagners Heimatliebe dann doch nicht.

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