Lienz – Viktoria Rebensburg mag es schön warm. Oben am Start wenigstens, und deshalb hat sie sich diese Hose mit der falschen Aufschrift besorgt. „Great Britain“ steht da in großen Buchstaben, aber der 28-jährigen Kreutherin ist das egal. Die eingebaute Heizung schützt die Athletin vor Kälte, „deshalb habe ich sie an“. Als sich Rebensburg am Freitag zum letzten Mal in diesem Jahr aus dem Starthaus stieß, passte das Bild wieder, Outfit und Leistung stimmten beim Weltcup-Riesenslalom in Lienz. Dass sie am Ende den dritten Saisonsieg knapp verpasste, vier Hundertstelsekunden langsamer war als die Italienerin Frederica Brignone, ließ sich verschmerzen. „Im ersten Moment knabbert man schon ein bisschen“, gibt sie zu. „Aber der zweite Platz ist ein super Resultat zum Abschluss des Jahres.“
Die Rückkehr auf das Siegerpodest ist auch der Beweis, dass der 14. Platz von Courchevel kurz vor Weihnachten nur ein Ausrutscher war. Da seien, weiß Rebensburg „mehrere Sachen zusammengekommen.“ Der Sturz zwei Tage zuvor beim Super-G in Val d’Isere steckte ihr noch in den Knochen, „da habe ich mir das Knie ziemlich verdreht“. Außerdem war sie nach dem straffen Programm der ersten Saisonwochen müde. Die kleine Weihnachtspause kam deshalb gerade recht. „Es war gut, dass ich mal durchschnaufen konnte.“ Zweifel hatte sie ohnehin keine, dass die gute Frühform dahin sein könnte. „Es geht alles in die richtige Richtung“, findet sie.
Die Voraussetzungen dafür haben Rebensburg und die deutschen Alpin-Mannschaft im Frühjahr geschaffen. Der neue Cheftrainer Jürgen Graller hat das Frauen-Team neu strukturiert und gleichzeitig die Ausnahmestellung von Rebensburg gestärkt. „Einige Puzzleteile“ habe er rund um seine Paradefahrerin verändert, sagte Graller.
Rebensburg hat ein kleines eigenes Team im Team, Techniktrainer Rudi Soulard ist zwar offiziell nicht ausschließlich für die Riesenslalom-Olympiasiegerin von 2010 zuständig, aber da sie im Gegensatz zu allen anderen Kolleginnen in der Technikgruppe nicht im Slalom startet, sondern neben dem Riesenslalom noch in der Abfahrt und im Super-G, begleitet der Franzose Rebensburg im Weltcup.
Außerdem funktioniert die Zusammenarbeit mit Servicemann Andrea Vianello nun reibungsloser als im ersten Jahr. In der vergangenen Saison hatten sich die beiden erst aneinander gewöhnen müssen. Der Italiener war zuvor für die slowenische Olympiasiegerin und Weltmeisterin Tina Maze, eine sehr eigenwillige Athletin, zuständig gewesen, die eine besonders aggressive Materialabstimmung bevorzugt hat. Die jedoch passt nicht ganz zu Rebensburgs Fahrstil, Vianello musste viel ausprobieren, bis das optimale Tuning gefunden war. „Vicky hat jetzt ein Umfeld, in dem sie sich sehr wohl fühlt“, sagt Graller. „Das ist für sie wichtig.“
Aber vor allem hat Rebensburg selbst nach der vergangenen, sehr schwierigen Saison einiges verändert. Sie gehört zu den Athletinnen, die schon immer viel hinterfragt haben und sich nicht scheut, zu reagieren, wenn es auf dem einmal eingeschlagenen Weg nicht mehr funktioniert. Ihr Fahrstil war für ein paar Jahre das Nonplusultra gewesen, aber nach Materialwechsel und Technikentwicklung hatte die Konkurrenz aufgeholt und sie zum Teil überholt.
Sie passte deshalb ihre Position über dem Ski leicht an, „dadurch bin ich diejenige, die den Ski beherrscht“ – und nicht umgekehrt wie manchmal im vergangenen Winter. Mit Ausnahme von Courchevel hätten „Skifahren und Körpersprache bei allen Rennen richtig gut gepasst“, sagt Rebensburg.
Und auch in diesem Winter gibt es wieder etwas, das es zu überdenken gibt. Weil das Programm im Januar nicht weniger stressig wird, wie das im Dezember war, überlegt sie, mal ein Rennen auszulassen. „Wir werden schauen, wie es mir körperlich geht“, sagt sie, „und dann entscheiden“ – damit bei den Olympischen Spielen noch immer alles in die richtige Richtung läuft.