Doha – Die Golfwagen, die da mit einem Affenzahn über die Aspire Anlage fahren, sind meist gut besetzt. Es gibt die „Südamerika-Gang“ um Rafinha und Arturo Vidal, die Alteingesessenen um Thomas Müller und Jerome Boateng, und es gibt jedes Jahr auch ein Gefährt, auf dem sich die Jugendspieler niederlassen. Gestern saßen da also Marco Friedl und Lukas Mai – und in der zweiten Sitzreihe: Sandro Wagner.
Die Frage, die diese Kurzzeit-Reisegruppe umgab: Wer erklärt hier wem die Welt? Der 30 Jahre alte Wagner den Bubis, wie man sich als Profi zu verhalten hat? Oder doch die seit Jahren an der Säbener Straße ansässigen Jungs dem zehn Jahre durch Deutschland getingelten Wagner, wie der FC Bayern so tickt? Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte. Jeder kann von jedem etwas lernen – und alle sind auch willig, das zu tun.
„Ich bin als junger Spieler gegangen und komme als Nationalspieler zurück“, sagte der für zwölf Millionen Euro verpflichtete Wagner gestern. Das spiele für die interne Hierarchie eine Rolle, sorge aber gleichzeitig dafür, dass sich die Rückkehr anfühle, wie der „absolute Traum, zu Hause zu sein“. Mit Stolz blickte Wagner immer wieder auf das Wappen auf seiner Brust, das auf einem Langarmshirt mit Rollkragen angebracht war. Er mag das so, versicherte Wagner, Schwitzen tut gut. Jeder hat seine Eigenheiten.
Auf dem Platz war der einzige „Neue“ im Tross des FC Bayern motiviert. Ein paar Fehlpässen folgte im ersten Training ein echtes Tackling gegen Jerome Boateng, später sprach er von einem „anderen Trainingsniveau, bei dem man in jeder Einheit fokussiert sein“ müsse. Zudem habe der Wetterumschwung von minus vier auf plus 25 Grad bei der Reise aus dem Winterurlaub in Südtirol nach Katar „schon reingehauen“. Nach und nach werde er nun ankommen, auf und neben dem Rasen.
Beim ersten Training nach der Landung wurde Wagner von den Mitspielern mit Applaus begrüßt, alles sei „sehr positiv“, sagte er. Nun gibt er alles für das sowohl mit Jupp Heynckes als auch mit Joachim Löw („er hat mich bestärkt“) besprochene Ziel, „über Einsatzzeiten auf den WM-Zug zu springen“. Er weiß, „dass ich auch mal auf der Bank sitzen werde“. Trotzdem war der Weg zurück zu seinem Jugendklub „die einzig richtige Entscheidung“.
Von einem echten Zweikampf mit Robert Lewandowski („angenehmer Zeitgenosse“) kann man kaum sprechen, aber der Neuzugang versicherte: „Wagner und Lewy? Das geht auch!“ Die Entscheidung obliege dem Trainer, mit dem er die Kommunikation in den ersten Tagen regelrecht genießt. Gespräche mit Heynckes seien „ein Gewinn für die Persönlichkeit“. Vielleicht doch anders als mit Götze und Mai. hlr