Starke Görges, wiedererstarkte Kerber

von Redaktion

Eine Woche vor Beginn der Australien Open präsentieren sich die besten deutschen Tennis-Damen in Topform

von doris henkel

Perth/Auckland – Sie mag diesen Trip nach Neuseeland, mit dem das alte Jahr endet und das neue beginnt. Seit acht Jahren beginnt die Saison für Julia Görges traditionell in Auckland, aber noch nie begann sie so gut wie diesmal. Mit ihrem Erfolg im Finale gegen Caroline Wozniacki (6:4, 7:6) schnappte sie sich nicht nur den ersten Titel der Saison, sondern den dritten in Folge nach den Siegen Ende 2017 in Moskau und beim kleinen WTA-Finale in Zhuhai/China. Sieht ganz so aus, als habe es dazwischen keine Pause und keine Weihnachtsbraten gegeben. Und alles in allem betrachtet erscheint nun eine vielversprechende Vision für das deutsche Tennis am Horizont. Denn nicht nur Görges war eine Woche vor dem Beginn der Australian Open blendend in Form, sondern auch Angelique Kerber, die beim Hopman Cup in Perth nach einem höchst mittelprächtigen Jahr eindrucksvoll daran erinnerte, wie gut sie Tennis spielen kann.

In der neuen Weltrangliste steht Julia Görges nun auf Platz zwölf und damit noch ein Stückchen weiter vorn. Sie betont immer wieder, sie sei kein Fan der Weltranglisten-Spekulationen; irgendwann werde vor ihrem Namen die richtige Zahl stehen, alles weitere sei ihr egal. Fest steht, dass sie demnächst in Melbourne eine gute Chance haben wird, zum ersten Mal in ihrer Karriere unter den Top Ten des Tennis zu landen. Nach einem Tag Erholung von den Anstrengungen des ersten Turniers im neuen Jahr wird sie heute nach Australien fliegen.

Nicht mit einem Titel im Gepäck, aber mit einem Bouquet positiver Erkenntnisse und guter Gefühle startete Angelique Kerber am Sonntag zum nächsten Termin. Sie gewann beim Hopman Cup nicht nur alle vier Einzel des Turniers ohne Satzverlust, vor allem beim Sieg im Finale (das sie zusammen mit Alexander Zverev 1:2 gegen die Schweiz verlor) gegen Belinda Bencic (6:4, 6:1) wirkte sie so überzeugend, dass die Kommentatoren des Fernsehsenders Channel 7 schwärmten: „Sie war mal die Nummer eins, und jetzt spielt sie wieder wie eine Nummer eins.“ Nichts mehr zu sehen vom Zaudern, Zögern und Zweifeln des vergangenen Jahres. Sie habe wieder einen Plan für das Spiel, sagt sie, eingebettet in eine gewisse Zuversicht.

Die Arbeit mit dem neuen Coach, dem Belgier Wim Fissette, ist ihr offensichtlich sehr gut bekommen; nach vier Wochen Training wirkte sie in Perth dynamisch und frisch – ganz anders als vor einem Jahr. Auch Alexander Zverev war schwer beeindruckt von den Auftritten seiner Partnerin. „Ohne Angie hätten wir das Finale nie erreicht“, meinte er danach und sah sie direkt an, als er sagte: „Ich glaube, sie ist sehr glücklich darüber, wie sie die ganze Woche gespielt hat – wenn ich das so sagen darf.“ Kerber nickte engagiert und bestätigte die These lächelnd.

Zverev selbst ist noch nicht so weit, aber das hatte er vor dem ersten Ballwechsel in Perth kommen sehen. Wegen der deutlich längeren Saison, die für ihn zum ersten Mal bis Ende November dauerte, hatte er später als sonst mit dem Vorbereitungsprogramm beginnen können. In gewisser Weise gehörte die Woche in Perth noch dazu. Er arbeitete engagiert weiter, in der Hitze des Tages und selbst nach Mitternacht. Nachdem er im Einzel das letzte Gruppenspiel gegen den extrem stark spielenden Australier Thanasi Kokkinakis verloren hatte, schnappte er sich abends um halb zwölf drei Schläger und gönnte sich noch eine Einheit von mehr als einer Stunde in der leeren Perth Arena.

Die Folgen der Nachtschicht zeigten sich auf unterschiedliche Weise im Spiel gegen Federer. Im ersten Satz, den Zverev im Tiebreak gewann, mit einem starken Auftritt, in dem endlich auch wieder die Vorhand wie gewünscht funktionierte – und in den Sätzen zwei und drei, als ihm sichtlich der Sprit ausging. Dieser eine Satz gegen Federer macht ihm Hoffnung, bald wieder in Bestform zu sein. Der Kollege aus der Schweiz jedenfalls findet, es sei alles in Ordnung beim Herausforderer aus dem Nachbarland. „Du bauchst manchmal nicht viel, dass es besser läuft“, sagte Roger Federer nach dem Sieg. „Vielleicht liegt das große Resultat von ihm um die Ecke. Davon bin ich ziemlich überzeugt.“

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