Ski alpin

Straßers halbe Olympia-Norm als Lichtblick

von Redaktion

Der Münchner wird beim Slalom in Adenboden Zehnter – Dopfer sucht nach Sicherheit – Hirscher überholt Tomba

Von Elisabeth Schlammerl

Adelboden – Wer bei einem Skirennen früh fertig ist, hat meist nicht viel Freude am Ergebnis, zumindest bei den technischen Rennen mit zwei Durchgängen. Linus Straßer war am Sonntag beim Weltcup-Slalom in Adelboden wie die gesamte deutsche Mannschaft schon auf dem Weg zum Auto, als am Fuße des Chuenisbärgli der Österreicher Marcel Hirscher nach dem Riesenslalom am Samstag auch das zweite Rennen im Berner Oberland gewann und mit seinen Weltcup-Siegen Nummer 51 sowie 52 den Italiener Alberto Tomba überrundete.

Aber Straßer verließ Adelboden trotz der frühzeitigen Abreise mit einem prima Gefühl. Der Münchner Skirennläufer schaffte als Zehnter die halbe Qualifikationsnorm für die Olympischen Spiele im Februar in Pyeongchang. „Cool, dass es heute geklappt hat. Das war ein geiles Rennen“, sagte der 25-Jährige vom TSV 1860, der jetzt im Weltcup noch ein weiteres Top-15-Ergebnis einfahren muss, um bei den Winterspielen dabei zu sein.

Weil auch Fritz Dopfer mit Platz 22 Weltcuppunkte holte, war das Slalom-Ergebnis nach dem missratenen Jahresauftakt in Zagreb ein kleiner Lichtblick für das deutsche Männerteam.

Die Ansprüche in Riesenslalom und Slalom sind nach den Kreuzbandrissen von Felix Neureuther und Stefan Luitz gesunken. Der deutsche Alpinchef Wolfgang Maier vergleicht die Situation derzeit mit der einer Fußball-Mannschaft ohne Stürmer. „Es fehlt derjenige, der die Tore schießt“, sagt er, also ein Fahrer, der zuverlässig für Plätze auf dem Podest sorgt.

Straßer ist es noch nicht soweit, trotz ansteigender Form, Dopfer dagegen wäre so einer. Der 30-Jährige vom SC Garmisch war es zusammen mit Neureuther jedenfalls bis zu seinem Schien- und Wadenbeinbruch vor der vergangen Saison gewesen. Den anschließenden Winter fehlte er deshalb komplett, aber weil die Fraktur nicht so ideal verheilt ist wie erhofft, laboriert er noch immer an den Folgen.

Dopfer noch mit Trainingsrückstand

Durch die Kallusbildung an der Bruchstelle entstand eine Beule auf Höhe des Skischuhrandes. Die verursacht „richtig Schmerzen, wenn ich in den Skischuh reinarbeiten will“, im Riesenslalom besonders, weshalb er derzeit auf Starts in dieser Disziplin verzichtet. Er kann noch immer nicht so viel und so oft trainieren wie früher. Dopfer hat zwangsläufig gelernt, geduldig zu sein. Zuletzt ging es aber voran, vor Adelboden sei er sogar schmerzfrei gewesen. „Ich kann mich jetzt ein bisschen mehr an mein Limit herantasten“, sagt er. Nur eben noch immer nicht so, wie er es gerne möchte. Dopfer braucht noch Trainingsfahrten für das Selbstvertrauen, die Sicherheit.

Dass er trotzdem zu Beginn des Winters im Slalom den Kontakt zur Weltspitze halten konnte und sich als Siebter von Val d’Isere bereits Anfang Dezember für die Olympischen Spiele qualifizierte, überraschte ihn selbst. Diese Ergebnisse, findet er, „haben die Schwächen, die noch habe, ziemlich kaschiert“. Er war schon immer eifriger als andere, aber eben auch selbstkritischer. Das jedoch bremste ihn schon früher manchmal, und jetzt, da er von der Perfektion aufgrund der Verletzung zwangsläufig noch ein Stück entfernt ist, womöglich erst recht.

„Für mein Gefühl hadert er oft mit den Umständen, statt auf sich zu schauen und zu sagen, das sind gute Schritte, die ich mache“, findet Maier. Dopfer versucht, sich mit der Situation zu arrangieren. Er weiß einerseits, dass er sich darauf konzentrieren sollte, was schon ganz gut läuft. „Es war wichtig, dass ich bei den schweren Bedingungen zweimal ohne gröbere Probleme durchgekommen bin“, sagte er deshalb in Adelboden. Andererseits hat er es in seiner Karriere weit nach oben geschafft, zu insgesamt neun Podestplätzen im Weltcup sowie einer Einzelmedaille und einer Teammedaille bei Weltmeisterschaften, weil er eben stets viel getüftelt hat an der Technik.

Dopfer hat seinen Beruf nie mit der Leichtigkeit eines Felix Neureuther betrieben, sondern sich immer mehr auf akribische Arbeit im Schnee verlassen als auf das Talent und Intuition. Vielleicht manchmal zu viel, denn Maier ist überzeugt, dass Dopfer schon weiter ist, als er selbst glaubt. Es sei, findet er nur eine Frage des Selbstvertrauens. Das Selbstvertrauen, das Dopfer noch fehlt.

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