Fehlerlose Franziska Preuß: Balsam für die Seele

von Redaktion

Ruhpolding – Spätestens am Start ist Franziska Preuß bei den Heim-Weltcups in Oberhof und Ruhpolding von dem bangen Gefühl eingeholt worden, unter Zugzwang zu stehen. „Da hörst du den Stadionsprecher, wie er ruft: Hier ist Franzi Preuß, die noch um ihre halbe Olympiaquali kämpft! Und da denkst du dir gleich: Na, dankeschön.“ Ja, diese Norm fürs Ticket nach Südkorea. Die verfolgt sie schon die ganze Saison. „Das schwebt im Hinterkopf“, sagt sie, „ich spüre immer den Olympiadruck, es fällt mir schwer, ihn auszublenden.“

Bislang hat die Biathletin aus Albaching nur einen 12. Rang zu Buche stehen. Sie braucht also, um die Maßgaben des Verbandes zu erfüllen, noch eine zweite Platzierung unter den Top 15. Eigentlich, so möchte man meinen, eine leichte Übung für ein Talent wie die Skijägerin vom SC Haag. Ihre Ausnahmebegabung stellte die Zollbeamtin schon 2015 unter Beweis, mit WM-Silber im Massenstart und Staffel-Gold. Die frühere Leichtathletin galt damals schon als kommende Siegläuferin. Doch Krankheiten und Verletzungen bremsten immer wieder den Schwung ihrer Karriere. Im vergangenen Frühjahr war es besonders schlimm, nach einer schweren Operation der Stirnhöhlen musste sie drei Monate aussetzen.

Die lange Zwangspause wirkte sich – wen wundert’s – bis weit in die Olympia-Saison aus. „Ich war nicht fit“, erzählt Franziska Preuß, sie habe sich fast schon damit abgefunden, „dass das ein Aufbaujahr ist“. Doch während die Oberbayerin in den Einzelrennen – trotz ansteigender Form – ein ums andere Mal das erhoffte Ergebnis verfehlte, zeigte sich nun ihre außerordentlichen Fähigkeiten in den Staffelrennen. Sowohl in Oberhof (2. Platz) als auch nun beim Sieg in Ruhpolding war Preuß im deutschen Quartett die einzig bombensichere Schützin. Sie räumte alle insgesamt 20 Scheiben ab und profilierte sich als äußerst stabile Stütze des Teamwettbewerbs.

„Das war Balsam für die Seele“, sagt sie, „das ist gut für den Kopf und gibt mir Sicherheit. Ich merke, dass es funktioniert.“ Bezeichnenderweise trumpft Preuß gerade dann groß auf, wenn die Olympia-Norm nicht auf dem Spiel steht. Sie gibt zu; „In der Staffel geht es mir so leicht von der Hand.“

Das ist natürlich auch dem Bundestrainer Gerald Hönig nicht verborgen geblieben. Er kennt das Potenzial der 23- Jährigen, und ihm ist auch nur zu bewusst, wie wertvoll eine zuverlässige Staffelläuferin ist. Am Samstag erklärte er: „Ohne eine Sportlerin wie Franzi Preuß würde ich nur ungern zu Olympischen Spielen fahren.“ Hönig lächelte dabei vielsagend. Und es war unverkennbar, dass er im Zweifelsfall Preuß auch ohne komplette Qualifikation nach Pyeongchang mitnehmen würde.

Doch mit einer Lex Preuß scheint sich die Skijägerin nicht recht anfreunden zu können. „Das ist nicht mein Anspruch“, sagte sie, „mit einer Sonderregelung möchte ich nicht gern nach Südkorea.“

Also wird sie weiter der Norm hinterherjagen. Es bleiben ihr noch die Weltcup-Rennen in Antholz. Inzwischen gibt sich die unverdrossene Franziska Preuß aber gute Chancen: „Ich weiß jetzt, dass ich’s drauf hab.“ Armin Gibis

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