München – Als auf der Wurfuhr nur noch wenige Sekunden verblieben waren, baute sich plötzlich Devin Booker vor Kyle Kuric auf. Der Basketballer des FC Bayern misst 2,05 Meter, zwölf Zentimeter mehr als Kuric. Der Größenunterschied beeindruckte den Profi von Zenit St. Petersburg aber nicht. Er stürmte mit zwei schnellen Schritten auf Booker zu, bremste abrupt ab – und obwohl Booker sich noch streckte, warf Kuric den Ball über den großen Verteidiger hinweg in den Korb.
Auf Kuric hatten sich die Bayern in den vergangenen Tagen besonders vorbereitet. 58 Punkte hatte St. Petersburgs Scharfschütze in den ersten beiden Spielen der Eurocup-Zwischenrunde gesammelt. Gestern Abend setzte er diese außergewöhnliche Serie mit 31 Zählern fort. Das mag Bayern-Trainer Aleksandar Djordjevic verärgern, zugleich dürfte ihm das in der Rückbetrachtung aber auch Mut machen. Es beweist, dass seine Mannschaft auch den besten Einzelkönnern des Eurocups Paroli bieten kann. Denn der FC Bayern besiegte St. Petersburg mit 95:78 (55:52).
Der Heimsieg hübschte die bayerische Halbzeitbilanz in der Top-16-Runde auf. Vier Siege, das hatte Kapitän Anton Gavel am Montag vorgerechnet, benötige man, um ins Viertelfinale vorzudringen: Drei Heimerfolge, dazu noch mindestens ein Coup in einer fremden Halle. „Heimspiele müssen gewonnen werden“, sagte Gavel. Diesen Auftrag erfüllen die Bayern bisher. Neben St. Petersburg haben sie auch schon Vilnius im Audi Dome geschlagen. Nur in Turin unterlagen sie.
Gegen St. Petersburg bestanden die Münchner die größte Prüfung ihrer Eurocup-Saison. Die Russen hatten die ersten beiden Partien der Zwischenrunde für sich entschieden, in der Liga besiegten sie zuletzt sogar den Euroleague-Titelanwärter ZSKA Moskau. Djordjevic hatte Zenit „großes offensives Talent“ zugesprochen. Kuric und auch Sergey Karasev, die zusammen acht Dreier versenkten, belegten das auch.
Nur übertrumpften die Bayern das. Reggie Redding und Stefan Jovic spielten im Schnellangriff spektakuläre Pässe, der manchmal unterschätzte Milan Macvan offenbarte in etlichen Angriffen sein großes Spielverständnis. Davon profitierte vor allem Devin Booker (27 Punkte). Der sprunggewaltige US-Amerikaner stopfte den Ball mehrmals durch den Ring. Kyle Kuric blieb da nur das Nachsehen. Christopher Meltzer