Ein Hauch von „Diamantenauge“

von Redaktion

Die Bayern locken Leverkusens Chefscout Busser nach München – der Bailey-Entdecker soll helfen, die Lücke in diesem Bereich zu schließen

von hanna raif

München – Diese Garde weit hinter der ersten Reihe ist nicht ganz leicht zu durchschauen. Sie besteht aus Männern, die gerne und ganz bewusst im Hintergrund stehen und den Austausch mit der Öffentlichkeit meiden, weil sie gar nicht wollen, dass sie irgendwo erkannt werden. Was man immerhin seit einigen Wochen weiß, ist, dass es unter ihnen so etwas wie ein Ritterschlag sein muss, wenn man den Spitznamen „Diamantenauge“ trägt. Und dass derjenige, der so genannt wird – Sven Mislintat, ehemals Borussia Dortmund, nun FC Arsenal – der Beste seiner Zunft sein soll.

Auch der FC Bayern hatte ein – ja genau – Auge auf den langjährigen Chefscout des BVB geworfen, der als Referenz unter anderem die Entdeckung von Ousmane Dembele vorweisen kann. Aber weil halt auch die Besten aus der zweiten Reihe der Fußball-Branche von Top-Klubs umgarnt werden, zerschlug sich der Königstransfer schnell. Mislintat ist aufgestiegen zum Technischen Direktor unter Arsene Wenger, während die Bayern sich anderweitig umgeschaut haben. Fündig sind sie nun wie schon so oft in Leverkusen geworden. Bayer-Manager Jonas Boldt bestätigt dem „kicker“ Medienberichte, laut welchen Chefscout Laurent Busser zum deutschen Rekordmeister wechselt.

Der Transfer wird nicht an die große Glocke gehängt werden, weil Busser a) nicht Mislintat ist und b) Scouting-Systeme ja gut behütete Geheimnisse sind. Er spiegelt aber einen Trend wider, der im Millionengeschäft in den vergangenen Jahren stetig vorangeschritten ist. Auch um Talent-Entdecker ist ein Markt entstanden, auf dem die großen Vereine ständig auf der Suche nach Weltklasse sind. Wer kein Geld im Überschuss hat, muss Jugendspieler finden, wenn sie noch kein anderer auf dem Zettel hat. Schneller, besser informiert, technisch optimal ausgestattet müssen Scouting-Abteilungen heute sein. Sonst hat das Talent längst woanders unterschrieben.

Bei den Bayern hat sich Hasan Salihamidzic der Aufgabe angenommen, den Bereich, bei dem man in den vergangenen Jahren nach und nach den Anschluss verloren hat, grundlegend zu überarbeiten. Der Sportdirektor will „einiges verändern, mit Video-, Daten- und Live-Scouting arbeiten“. Er versichert nach einem Rundum-Blick auf die Konkurrenz, dass das Ziel, „die großen fünf Ligen permanent abzudecken“, in naher Zukunft umgesetzt werden soll. Busser wird nun ein wichtiger Mosaikstein dieses Vorhabens.

Der Franzose ist nach Fitness-Chef Holger Broich, dem inzwischen beim VfB Stuttgart angestellten Michael Reschke und Chefscout Marco Neppe der Vierte, der den Weg von Bayer zu Bayern geht. Ein Zufall ist es sicher nicht, dass Salihamidzic sich gemeinsam mit Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge um den gut vernetzten Franzosen bemüht hat. Bayer-Manager Boldt sagt: „Er hat für uns alles rausgeholt.“ Und das in einer Abteilung, die seit Jahren als einer der deutschen Vorreiter auf dem Gebiet Scouting gilt, global aufgestellt, bestens organisiert.

Busser, vorher in Hoffenheim, hat unter anderem Shootingstar Leon Bailey entdeckt und zu Bayer gelockt. Auch Kingsley Coman soll er auf dem Zettel gehabt haben – und sogar Dembele. Nur: Gegen das „Diamantenauge“ hatte halt niemand Chancen.

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