Kitzbühel – Der Schneesturm fegte gestern über die Streif, die Straßen in Kitzbühel genauso glatt wie der Steilhang am Berg. Großkampftag für die Pistenkommandos, die Rennläufer dagegen durften sich erholen vom Schock der weiten Sprünge beim ersten Training am Dienstag. Aksel Lund Svindal (35) tat dies mit Freundin Gitte Lill Paulsen (39), einem norwegischen Topmodel, mit dem er seit gut einem halben Jahr verbandelt ist. Allerdings lud das Wetter nicht mal zu einer Shoppingtour durch die Gamsstadt ein. Auf dem Radiosender Ö3 waren die Hörer am Montag nach dem perfekten Mann gefragt worden, und immer wieder nannten die Österreicherinnen den Namen Svindal. was jener geschmeichelt zur Kenntnis nahm. „Aber hoffentlich nicht nur wegen des Körpers, sondern auch, weil etwas im Kopf ist.“ Pech nur für die Frauenwelt: Svindal ist nun vergeben.
Der norwegische Modellathlet kehrt zurück auf eine Piste, die ihn von zwei Jahren fast in den Ruhestand beförderte. Als eines der Opfer einer katastrophalen Sturzorgie hatte sich Svindal am 23. Januar 2016 bei seinem Abflug nach der Hausbergkante das Kreuzband im Knie und den Meniskus zerfetzt. Erst in dieser Saison kehrte er zu alter Stärke zurück, das allerdings beeindruckend: In allen fünf Abfahrten stand er auf dem Podest, bei den Schussfahrten von Lake Louis und Gröden sogar als Sieger. Dass er die Abfahrtsrangliste wieder derart souverän anführt, darf schon ein wenig verblüffen.
Alle wichtigen Abfahrts-trophäen schmücken Svindals Vita, nur das Prunkstück fehlt eben noch: Die Kitzbüheler (Abfahrts-)Gams. Den Super-G gewann er hier zwei Mal, nie die Abfahrt. Auch dieses Ziel weckte den Ehrgeiz, sich wieder heranzukämpfen nach den Verletzungen. Die Folgen des Crashs von 2016 nimmt er allerdings bis heute noch wahr. „Ich habe das Knie schon nach zehn Sekunden gespürt“, berichtete er nach der Trainingsfahrt am Dienstag. Für Angstgefühle in jener Passage, die vor zwei Jahren im Fangnetz endete, blieb gar keine Zeit. „Ich war noch so geschockt nach der Mausefalle, dass ich fast nicht mehr an die Hausbergkante gedacht habe.“ Aus Vorsicht ging er vom Gaspedal: „Das ist normal beim ersten Mal nach so einem Sturz.
Leichte Anflüge von Ängstlichkeit konnte der harte Norweger nicht leugnen, aber bei weitem nicht so wie beim ersten Mal. „Als junger Rennfahrer kann man sich kaum vorstellen, wie hart die Streif ist.“ Im Laufe der Jahre hat sich der Respekt selbst beim unerschrockenen Svindal, 35, nicht wirklich gelegt. „Alle Weltcup-Pisten sind eine Herausforderung, aber die Streif ist die härteste von allen.“ In seinem Alter schreit der Körper nach Pausen. „Gott sei dank kein Training“, freute er sich gestern über den Schneesturm, „denn jeden Tag möchte ich da nicht runterfahren.“
Aksel Lund Svindal ist zurück, vielleicht stärker denn je. Aber ewig will auch er nicht fahren. Eine neue Herausforderung für das Leben nach dem Skisport hat Svindal auch schon im Sinn: Ein ganz normales Familienleben nämlich. „Zwei Kinder, ein Kombi, ein Golden Retriever und ein Chalet in den Bergen. Ich finde, das klingt wunderbar.“ Aber erst noch mal Mausefalle und Hausberg – eine Goldene Abfahrts-Gams sollte noch ins neue Chalet mit einziehen. Und Gitte Lill wartet zur Unterstützung im Zielraum.