Vier Tage ist es her, da hat Bastian Schweinsteiger auf Instagram ein Video veröffentlicht, das die Unterschrift „warming up“ trug. Man sah den Weltmeister als auf einem Laufband joggen, in mäßigem Tempo, mit nicht allzu drahtiger Figur, und es wurde beim bloßen Ansehen der Sequenz auch nicht ganz klar, für was er sich da aufwärmt. Es hätte eine Golfrunde sein können, ein Tennis-Match mit seiner Frau Ana oder aber ein lockerer Kick mit Freunden. Seit gestern weiß man: Der Ex-Bayer macht sich fit für eine ganze weitere Saison in Chicago.
So schön kann die nahende Rente in dieser Branche also sein. Man spielt ein Jahr in einer mäßigen Liga und erhält dafür eine Menge Kohle. Man ist der gefeierte Star, obwohl man relativ häufig verletzt ist. Man lässt monatelang offen, ob man überhaupt noch mal auf dem Fußballplatz stehen wird. Und sich dann so lange umgarnen, bis man aufgrund seiner Rückkehr derart gefeiert wird, als habe man Chicago Fire gerade die Meisterschaft gesichert.
Es ist keineswegs übertrieben zu sagen, dass Bastian Schweinsteigers große Zeiten lange vorbei sind. Und trotzdem ist die Nachricht, die da gestern über den großen Teich kam, eine gute. Der Lebensweg des einstigen Münchner „Fußballgotts“ hat aus einem oft unnahbar und arrogant wirkenden Schickeria-Buben einen sympathischen und reifen Mann werden lassen. Heute wirkt der 33-Jährige, als sei er dort angekommen, wo er hin wollte. Sportlich ist es nur noch unterklassiges Niveau, die Vorzüge eines Fußballerlebens kostet er aber auf andere Weise aus. Mit dem Privileg, eine andere Kultur kennenzulernen. In einer Stadt, die zum Lifestyle seiner Familie passt.
Mit Blick auf ähnlich alte Profis im Kader des FC Bayern kommt man in Versuchung, davon zu sprechen, dass Schweinsteiger alles richtig gemacht hat. Freilich hatte er weder den Antrieb noch die körperlichen Voraussetzungen dafür, so lange wie Franck Ribery und Arjen Robben auf Top-Niveau zu kicken. Er hat aber auch deshalb den Absprung aus dem ernstzunehmenden Profi-Fußball rechtzeitig forciert, weil ihm dadurch eine echte Degradierung erspart worden ist. Die Bayern-Bosse mussten ihrem einstigen Star nicht von sich aus mitteilen, dass sein Niveau nicht mehr ausreicht.
Auch Arjen Robben sprach dieser Tage davon, dass er „einige Angebote“ vorliegen habe. Er wird aber traditionell warten, was Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mit ihm vorhaben. Das passiert – wie bei Ribery – Jahr für Jahr. Die Fußball-Welt hätte zwar auch noch andere Abenteuer für die langjährigen Ausnahmespieler zu bieten. Aber Aufwärmen im Schneckentempo, nach dem Motto „take it easy“? Irgendwie kann man sich kaum vorstellen, dass die beiden Ehrgeizlinge dieses Spiel irgendwann mal so locker nehmen wie Schweinsteiger.