Tennis – Australian Open

Probleme mit den Ansprüchen

von Redaktion

Alexander Zverev rätselt, warum er bei Grand Slams so früh scheitert

Melbourne – Am Tag nach seiner Niederlage begann das nächste Kapitel. Alexander Zverev entschied sich, noch ein paar Tage in Melbourne zu bleiben, um dort zu trainieren. Erst danach wird er sich auf den Weg an die Gold Coast machen, um sich mit den Kollegen aus dem deutschen Team zu treffen. Danach werden alle nach Brisbane übersiedeln, wo in knapp zwei Wochen das Spiel der ersten Runde im Davis Cup gegen Australien auf dem Programm steht. Zverev hatte schon vor Monaten versichert, er werde auf jeden Fall in Brisbane spielen, egal, wie lange er vorher bei den Australian Open beschäftigt sei.

So, wie die Dinge jetzt liegen, war das in mehrfacher Hinsicht eine gute Idee. Die Mannschaft braucht ihn, um überhaupt eine Chance zu haben gegen die starken Australier. Ihm selbst dürften das Mannschaftsgefühl und gute Schwingungen beim Heilen der Wunde aus Melbourne helfen. Nach der Niederlage in der dritten Runde gegen den Koreaner Hyeon Chung (7:5, 6:7, 6:2, 3:6, 0:6) war er nicht wütend oder frustriert, sondern traurig. Runde drei wie im vergangenen Jahr – damals hatte er gegen Nadal verloren –, das genügte ihm nicht.

Im letzten Satz wirkte er ziemlich desolat und machte nicht mehr als fünf Punkte, und das gab ihm zu denken. Der Einbruch sein definitiv kein physisches Problem gewesen, sagt er. „Ich muss rausfinden, was in den entscheidenden Momenten bei Grand-Slam-Turnieren mit mir passiert. Das war so in Wimbledon, das war so in New York und jetzt hier.“

Das Problem ist sein eigener Anspruch, sein brennender Ehrgeiz, kombiniert mit der Vorstellung, die Welt des Tennis im gleichen Tempo zu erobern wie er die ersten Stufen seiner Karriere übersprang. Er war der weltbeste Junior, er schaffte den Übergang von den Junioren zu den Großen mit ein paar langen Schritten, und im vergangenen Jahr war er der mit Abstand Beste der so genannten Next Gen, gewann zwei Titel bei Masters-1000-Turnieren und qualifizierte sich für die ATP Finals der besten Acht in London.

Mit diesem Tempo überholte er sich gewissermaßen selbst. Die Niederlage gegen den starken Koreaner, der 2017 das NextGen-Finale gewonnen hatte, muss ihm jetzt vorkommen, als trete er auf der Stelle. Doch auf der Stelle zu treten, passt nicht zu seinem Naturell. Als er nach der Niederlage in die Kabine kam, traf Zverev zufällig auf Federer, der ihn mit einem Klaps auf die Schulter und mit den Worten begrüßte: „Komm, so schlimm ist es nicht.“

Außerhalb der Grand-Slam-Turniere gewinnt Zverev des Öfteren auch gegen Große, darunter Federer und Novak Djokovic. In Melbourne, Paris, Wimbledon und New York hingegen fehlt ihm bisher ein Sieg gegen einen aus den Top 50.

Vielleicht liege es daran, sagt er, dass ihm die großen Turniere noch zu viel bedeuteten. Bei den Masters, von denen er bereits zwei gewann, fühle er sich sicherer. Vielleicht ist es aber einfach die Herausforderung von drei Gewinnsätzen, die es nur noch bei den Grand Slam-Turnieren und im Davis Cup gibt. Fünf Sätze lang auf jede Wendung zu reagieren und nicht den Mut zu verlieren, wenn der Faden abreißt, das ist eine besondere Herausforderung. Doris Henkel

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