München – Als er den Pfiff hörte, rannte Ilias Kantzouris auf Maodo Lo zu. Lo, der Basketballer aus Bamberg, lag noch auf dem Boden, was Kantzouris aber nicht davon abhielt, wütend auf ihn einzureden. Lo hatte in den finalen Sekunden des Pokalviertelfinals zwischen dem FC Bayern und Brose Bamberg nämlich einen entscheidenden Fehler begangen. Er hatte sich ein unnötiges Foul geleistet, das den Rivalen aus München in die Verlängerung rettete – und dort einen 101:97 (86:86, 40:40)-Sieg und den Einzug ins Top-Four-Turnier ermöglichte.
Kantzouris’ war der Ärger anzusehen. Obwohl der Basketballtrainer schon dreimal die deutsche Meisterschaft gewonnen hat, kennt man ihn kaum. Er verrichtet seine Arbeit im Hintergrund, sitzt meistens brav auf der Bank, die Arme verschränkt. Nur manchmal springt er hektisch auf, um eine Beobachtung zu teilen oder eine Empfehlung abzugeben. Die Basketballfans in München erlebten gestern Abend allerdings einen anderen Kantzouris: An der Seitenlinie brüllte er Kommandos, schnipste mit den Fingern, fuchtelte mit den Armen. Und in diesen Momenten erinnerte er doch ein wenig an den Mann, den er vertreten sollte. Der Grieche Kantzouris arbeitet beim deutschen Meister Brose Bamberg nämlich dem italienischen Cheftrainer Andrea Trinchieri zu. Weil der extrovertierte Trinchieri sich gerade noch von einer Schulter-Operation erholt, musste Kantzouris im Viertelfinale gegen den FC Bayern in die Chefrolle schlüpfen. Aus der ersten Reihe musste er dann mitansehen, wie der FC Bayern den Titelverteidiger besiegte, ins Top-Four-Turnier (17. und 18. Februar in Ulm) einzog – und einen Trend bestätigte. Die Bamberger Vorherrschaft im deutschen Basketball wackelt in diesen Tagen nämlich. Nachdem sie in den vergangenen drei Jahren drei Meisterschaften eingesammelt haben, wechselten vor dieser Saison gleich fünf Stammspieler den Verein. Bamberg investierte viel Geld in den Umbruch, verpflichtete sogar zwei Profis nach. Trotzdem muss man feststellen: Das Niveau der Vorjahre hat die Mannschaft aber noch immer nicht erreicht. „Sie sind immer noch eine großartige Mannschaft“, sagte Bayern-Trainer Aleksandar Djordjevic im Vorfeld der Partie. „Sie wissen genau, was sie tun müssen.“ Dass der Meister und Pokalsieger noch immer große Spiele liefern kann, offenbarte sich gestern in München. Im ersten Viertel verfehlten die Bamberger nur einen von 13 Würfen, was in 30 Punkten resultierte. Solche Angriffswerte lassen die Bayern fast nie zu. In der Folge verteidigten sie aber besser, erarbeiteten sich angeführt von Top-Scorer Reggie Redding (24 Punkte) eine kleine Führung, die sie bis zwei Minuten vor Spielende verteidigten. Dann aber unterliefen den Bayern Ballverluste, Bamberg schnappte sich die Führung, steuerte dem Sieg entgegen – bis Lo den großen Fehler beging: Im letzten Angriff der Bayern stellte sich der Nationalspieler trotz Drei-Punkte-Führung so tollpatschig in den Weg von Nihad Djedovic, dass dieser zusätzlich zu dem Korbleger noch einen Freiwurf erhielt – und die Verlängerung erzwang. Wäre Lo einfach ausgewichen, Bamberg hätte wohl gewonnen. In der Overtime führte Bamberg erneut. Doch wieder kämpften sich die Bayern zurück – und vermasselten Ilias Kantzouris einen Triumph in der ersten Reihe.