München – Es ist ein Ritual, das Heidi Zacher bestens vertraut ist. Hinter ihr eine Werbewand, sie selber mitten auf dem Podium – bereit für die Medaillenübergabe. Ungewohnt ist, dass keine Hymne eingespielt wird; es wird auch keine Flagge gehisst. Stattdessen sagt eine Stimme durchs Mikro: „Die sind für unser Team D – D wie Daumen drücken.“ Zacher nimmt die symbolische Medaille und lächelt – so gut das an diesem Montag eben möglich ist.
Exakt eine Woche nach ihrer Kreuzband-Operation hat sich Deutschlands beste Skicrosserin in den Münchner Postpalast geschleppt. Ihre blauen Krücken legt sie ab, während sie mit anderen DSV-Patienten auf der Bühne sitzt. Nicht aber ihre positive Einstellung. „Auf diese Weise kann ich wenigstens ein bisschen Olympia-Luft schnuppern“, sagt die verletzte Lenggrieserin – und lächelt erneut.
Von oben auf der Bühne sieht Zacher, wie Teamkollegen Berge voller Klamotten in kleine DOSB-Koffer zwängen. Olympiaeinkleidung heißt der Anlass, der an einen Bazar erinnert. Um sie herum wird geratscht, gestrahlt, Korea entgegengefiebert. Und Zacher? Wäre sie etwas älter als 29, käme ihr „Die verflixte 7“ in den Sinn; eine Sendung, die Mitte der 80er-Jahre in der ARD lief. Der Clou bestand darin, dass Kandidaten sechs von sieben Preisen ausschließen mussten – und am Ende womöglich einen Kochtopf gewannen, während Rudi Carrell mit Blick auf das nicht gewonnene Auto sagte: „Und das wäre Ihr Preis gewesen!“
Zachers Preis in diesem Winter wären ihre dritten Olympischen Spiele gewesen. Mit fünf Podiumsplätzen bei sieben Weltcups war sie in Vorleistung getreten. Sie galt nicht nur als deutsche Medaillenhoffnung; viele trauten ihr sogar zu, ein Gesicht der Spiele von Pyeongchang zu werden. Umso härter war der Schock, als vor acht Tagen in Schweden ihr linkes Kreuzband riss. Und umso klarer wird an diesem Montag, wie professionell Heidi Zacher als Sportlerin tickt. Sie klagt nicht, sie zickt nicht, sondern sagt: „Ich finde, es ist eine schöne Geste, dass man auch uns Pechvögel eingeladen hat. Das man uns nicht vergisst und so auf andere Gedanken bringt.“ Und tatsächlich: Die rote Jacke mit der Aufschrift „Germany“ scheint sie mit Stolz zu tragen.
Ab heute heißt ihr Alltag dann wieder: „Geduldig sein – und schauen, dass das Knie heilt.“ Erstmals deutet sie an, dass sie weitermachen wird mit der Knochenmühle namens Skicross: „Ich möcht’ definitiv wieder auf die Ski.“
Um auf Dauer Team D zu unterstützen, fühlt sie sich noch zu jung. uli kellner