Endlich auf Augenhöhe

von Redaktion

Der Sieg im Pokal hat gezeigt: Bayerns Basketballer müssen nicht mehr fehlerfrei spielen, um Bamberg zu schlagen

von christopher meltzer

München – Reggie Redding hatte sich gerade eingereiht, um den Schiedsrichtern die Hand zu schütteln, da stupste ihn jemand von der Seite an. Also drehte sich der Basketballprofi des FC Bayern um – und stellte etwas verwundert fest, dass Uli Hoeneß ihm die Hand entgegenstrecke. Der Klubpräsident fährt gerne in den Westpark, um den Basketballern zuzusehen. Dass er aber im Anschluss an ein Spiel vor Freude auf das Feld spaziert, kommt für gewöhnlich nicht vor.

An diesem Sonntagabend wollte Hoeneß aber nicht auf seinem Stammplatz in der zweiten Sitzreihe verharren. Seine Bayern hatten gerade im Viertelfinale des Pokals den großen Rivalen Bamberg in einem dramatischen Spiel mit Verlängerung 101:97 besiegt. Als die Münchner Spieler sich in die Arme fielen, drängelte sich Hoeneß an den Ordnern vorbei und steuerte zielstrebig auf Redding zu – jenen Spieler, der zuvor mit 24 Punkten ganz besonders zu seiner guter Laune beigetragen hatte.

Im Pokal sind die Bayern jetzt Favorit

Der Präsident konnte auch später nur schwer verbergen, wie gut ihm dieser Pokalsieg gefallen hatte. Als die meisten Zuschauer die Halle bereits verlassen hatten, bediente er noch die Selfiewünsche der Fans. Hoeneß’ Euphorie war auf einen offensichtlichen Grund zurückzuführen: Die Bayern haben beim Top-Four-Turnier in Ulm (17. und 18. Februar) nun gute Chancen, den Pokal zu gewinnen (im Halbfinale treffen sie auf Gastgeber Ulm). An einer anderen Tatsache dürfte sich der Präsident aber noch mehr erfreut haben: Endlich haben die Bayern Brose Bamberg mal wieder in einem großen Spiel geschlagen.

In den vergangenen Jahren hatten sich die Münchner fast immer hinter den Franken einreihen müssen. Im Februar 2017 unterlagen sie Bamberg im Pokalfinale. Noch demütigender aber fielen die Treffen in den Playoffs aus. 2016 und 2017 schieden die Bayern gegen Bamberg in der Meisterrunde aus, ohne auch nur ein Spiel gewonnen zu haben. Das passte natürlich auch Hoeneß nicht, der die Rivalität zwischen den beiden besten deutschen Basketballklubs öffentlich immer wieder angestachelt hatte.

Nun hatte auch am Sonntagabend nicht viel gefehlt, dann hätte sich diese Serie fortgesetzt. Bamberg führte zwei Minuten vor Ende der regulären Spielzeit mit sechs Punkten. Dann aber versenkte Braydon Hobbs einen Dreipunktewurf. Nur wenige Sekunden später ließ Nihad Djedovic einen Korbleger folgen. Weil Bambergs Maodo Lo sich dabei ungeschickt in Djedovic’ Weg stellte, erhielt dieser noch einen Zusatzfreiwurf – und rettete die Bayern in die Verlängerung.

„Das war ein dämliches Foul“, sagte Reggie Redding. „Wir hatten heute viel Glück. Wir hätten auch verlieren können.“ Tatsächlich waren den Bayern in den finalen Minuten erstaunlich viele Fehler unterlaufen. Mehrere Angriffe endeten mit einem Ballverlust.

Bambergs Kader hat an Qualität verloren

„Wir haben nicht gut auf den Ball aufgepasst“, sagte Spielmacher Hobbs. „Das waren dumme Fehler, die uns eigentlich nicht passieren. Wir haben am Ende nicht klug gespielt.“

Es waren aber genau diese Eingeständnisse, die nun darauf hindeuten, dass Bamberg die Vormachtstellung eingebüßt hat. Die Bayern müssen in dieser Saison nicht mehr ein perfektes Spiel abliefern, um den Meister zu schlagen. Natürlich gab es auch am Sonntag Momente, in denen „sie uns wirklich haben albern aussehen lassen“, wie es Braydon Hobbs ausdrückte. Und obwohl Bamberg viele feine Spielzüge vorführte, war erneut zu sehen, dass ihr Kader durch die vielen Abgänge an Qualität verloren hat.

In den Vorjahren gab es in Europa wohl keine Mannschaft, die Abwehrfehler so konsequent bestraft hat wie Bamberg. Dass diese Fähigkeit nun nachgelassen hat, hilft den Bayern. Auch sie können ihr Spielniveau noch steigern. Der Unterschied zur Vergangenheit aber ist: Auf dem Weg dahin können sie Fehler machen – und große Spiele trotzdem gewinnen.

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