München – Den Eishockey-Rekordwahnsinn haben Wolfsburger und Ingolstädter am Sonntag unangetastet gelassen. Sie kamen ihm aber nahe.
Nummer eins der deutschen Erstliga-Verrücktheiten bleibt das Bundesligaspiel von 1990/91 (die DEL wurde erst 1994 eingeführt) wischen dem EV Landshut und Preussen Berlin. 5:0 führte Landshut nach dem ersten Drittel, Co-Trainer Erich Kühnhackl sagte stolz: „In kühnsten Träumen hätte ich das nicht erwartet, dass wir so unglaublich aggressiv und diszipliniert spielen.“ Und es ging berauscht weiter: 7:0 nach zwei Dritteln.
Der Endstand dann: 7:7. Nach dem 7:3 in der 46. Minute begann Kühnhackl auf der Bank zu toben. Nach dem 7:4 (53.) hörte man Schreie des Entsetzens im Publikum. Die Berliner trafen dann noch in der 54., 55., und 57. Minute. 7:7 nach 7:0 – die frühe und verdichtete Version dessen, was sich jüngst im Fußball (Dortmund – Schalke, 4:4 nach 4:0) zugetragen hat.
5:8 endete nun das DEL-Match zwischen den Grizzlys Wolfsburg und dem ERC Ingolstadt. Das Ergebnis relativiert sich dadurch, dass die letzten beiden Ingolstädter Treffer ins verlassene Tor von Wolfsburg erfolgten, das bei einem 5:6-Rückstand volles Risiko ging. Dennoch sprechen die Zahlen des letzten Drittels für sich: Wolfsburg 1, Ingolstadt 6. „Für den einen Trainer ein Traum, für den anderen ein Albtraum“, sagte Ingolstadts Doug Shedden (Traum).
Im Eishockey kann es zum Debakel führen, wenn einer Mannschaft eine Phase komplett entgleitet. Vor knapp sechs Jahren, bei der WM 2012, hat die deutsche Nationalmannschaft das auch mal erlebt, als es nach 35 Minuten gegen Norwegen 0:9 stand (und am Ende 4:12). Harold Kreis, damals als Co-Trainer an der Bande (Chef: der Schweizer Jakob Kölliker) sagte, das Geschehene sei nicht zu erklären – vieles im Eishockey würde durch das „Momentum“ bestimmt. Es wechselt bisweilen die Seite,
Die Losung für das zurückliegende Team ist immer eine ganz banale: sich Einsatz für Einsatz reinarbeiten, immer auf den gerade anliegenden Job in den nächsten dreißig, vierzig Sekunden konzentrieren. Doug Shedden, erst seit einem Monat in Ingolstadt tätig, sah von seinen Leuten beim 2:4-Rückstand etliche „big blocks“: Sie warfen sich in die Wolfsburger Schüsse und entnervten dadurch die Gegner.
Mit Shedden läuft’s, das stärkt das Selbstvertrauen. Das im Übermaß auch die Spieler des EHC München haben. „Wir wissen, dass wir jeden Rückstand aufholen können“, erklärt Stürmer Frank Mauer. Trainer Don Jackson verweist auf die „Leadership in der Kabine“. Gerade sieht er Torjäger Brooks Macek in diese Rolle hineinwachsen.
Heute (19.30 Uhr) spielt der EHC in Augsburg. Dort war er vorige Saison in ein verrücktes Match involviert. 5:2 führten die Panther bis zur 54. Minute, München glich noch aus. Das Verlängerungstor erzielte schließlich Augsburg, das Momentum hatte es sich so überlegt.