Kitzbühel – Seit 2014 ist Markus Waldner Rennleiter der Herren beim Internationalen Skiverband (FIS). Davor war der Südtiroler im Europacup tätig, wo er die Entwicklung von Thomas Dreßen hautnah miterlebte. Nach dessen Sieg in Kitzbühel erzählte Waldner auch von damals.
-Markus Waldner, kann dem Skisport etwas Besseres passieren als ein Deutschen Sieg in Kitzbühel?
Das ist schon sehr speziell. Fantastisch! Es hat sich ein bisserl angedeutet bei Dreßen, weil er schon gute Leistungen gezeigt hatte wie in Beaver Creek. Jeder wusste, dass er schnell ist – und auf der Streif hat er es dann runtergebracht. Wir freuen uns für alle Sieger, aber sind sehr froh, dass er gewonnen hat.
-Wie lange verfolgen Sie seine Karriere denn schon?
Ich kenne ihn schon lange, war viele Jahre im Europacup. Da war er bisserl ein Sturzpilot, hatte einige teuflische Stürze, einmal in Wengen. Aber er hat sich wieder gut erholt. Der Deutsche Skiverband hat ihn langsam wieder hingeführt, nicht unter Druck gesetzt. Man hat ihm die Zeit gelassen, denn er hatte ein paar wirklich schlimme Stürze. Jetzt ist er solide und konstant.
-Glauben Sie daran, dass nun in Deutschland das Interesse am alpinen Skisport steigt?
Dreßens Erfolg bedeutet, dass die Deutschen wieder Ski alpin schauen, nicht nur Skispringen und Biathlon. Sie schauen jetzt sicher wieder mehr Abfahrtssport. Leider sind Felix Neureuther und Stefan Luitz verletzt. Vor allem Felix fehlt uns stark. Wir brauchen gute Einschaltquoten. Der deutsche Markt ist enorm wichtig.
-Josef Ferstl hat in Gröden gewonnen, Andreas Sander fährt eine starke Saison, Dreßen triumphiert in Kitzbühel. Was darf man von diesem Trio noch erwarten?
Die sind alle stark. Sander wäre in Kitzbühel ja um ein Haar auch noch aufs Podest gefahren. Es steckt immer eine Teamdynamik hinter solchen Spitzen-Leistungen. Die pushen sich gegenseitig in der Mannschaft.
Thomas hat ja auch gesagt: Alleine wäre er nie dorthin gekommen, wenn er nicht starke Kollegen im Team hätte.
-Dreßen tritt nun als Kitz- Sieger in Garmisch-Partenkirchen an – ein Glücksfall für die Kandahar-Rennen?
Jetzt hoffen wir, noch mehr Zuschauer nach Garmisch locken zu können, wo es im Vorjahr ja einige schwierigen Momente mit Stürzen gab.
-Muss Cheforganisator Peter Fischer Zusatztribünen aufstellen?
(lacht) Die Tribüne ist groß. Auch in Kitzbühel hat man gesehen, was sich daneben abspielt, da ist Platz genug. Auch in Garmisch. Die Leute sollen nur kommen – gute Weißwürste und Weißbier gibt’s da immer.
-Trauen Sie Dreßen nun auch bei Olympia die nächste Heldentat zu?
Absolut. Wenn es einem Läufer aufgeht, dann können aus den Top 20 alle aufs Podest fahren. Das Niveau bei den Männern ist enorm hoch. Dreßen gehört mit dem Sieg von Kitzbühel natürlich dazu. Hoffentlich setzt er sich nicht selbst zu viel unter Druck, Aber er ist ein cooler Hund.
-Was macht seinen Fahrtstil so besonders – das Gefühl für den Schnee?
Sehr viel Gefühl!
-Kommt ihm da die Olympia-Strecke von Pyeongchang entgegen?
Schwer zu sagen. Pyeongchang ist ein bisserl eine Autobahn, mit vier großen Sprüngen drin, Gleitpassagen im Mittelteil, technische Kurven im unteren Teil. Die muss man technisch sehr sauber fahren.
-Die Streif ist Dreßen so sauber gefahren wie sonst keiner.
Dreßen bringt eben ein brutales Gefühl auf den Ski. Wir sagen: Er hat ,intelligente Füßchen‘. Seine Skiführung ist ein bisserl schmaler, eher untypisch für einen Abfahrer, die sind etwas breiter unterwegs. Um in Kitzbühel zu gewinnen, musst du sehr komplett sein, musst technisch auf höchstem Niveau fahren, weil Kurven drin, die den Radius zumachen. Aber du musst auch in Gleitpassagen superschnell sein. Dann braucht man natürlich Courage und Überwindung. Nur ein kompletter Abfahrer gewinnt dieses Rennen.
– Wie wer? Dreßen erinnert Sie an … ?
Wenn ich einen Vergleich ziehe zu früher: Cristian Ghedina hat auch in Kitzbühel gewonnen, weil er gut gleiten konnte. Sein Kollege Peter Runggaldier – ich war damals Trainer bei den Italienern – war technisch besser als Ghedina, aber im Gleiten eine Null. Also hat er hier nie gewonnen. Aber Thomas Dreßen hat alles.
-Heißt: Mit 24 Jahren ist er schon ein kompletter Fahrer?
Absolut, ja.
Das Gespräch führte Jörg Köhle