Die Pionierin aus dem Eiskanal

von Redaktion

Susi Erdmann, Rodel- und Bob-Weltmeisterin aus Unterhaching, wird heute 50

München – Gerade ist Susi Erdmann erst wieder im Eiskanal gewesen. Auf der Bahn in Innsbruck-Igls ist sie mit zwei „Gästen“, wie sie ihre Beifahrer nennt, hinuntergesaust. Wenn sie nicht gerade als Sportfeldwebel an der Sanitätsakademie der Bundeswehr in München dem nachgeht, was für sie eine „Traumverwendung“ ist, bietet sie Bob-Events für Jedermann an. Erdmann sitzt an den Lenkseilen, ein Mitarbeiter an der Bremse, dazwischen die Gäste.

Dass Erdmann, die heute ihren 50. Geburtstag feiert, mit dem Bob unterwegs war, ist eine besondere Erwähnung wert. Es hätte auch ein anderes Sportgerät sein können. In gleich zwei Disziplinen zählte sie zur Weltelite. Dreimal (1989, 1991, 1997) wurde sie Einzel-Weltmeisterin der Rennrodler, zweimal (2003, 2004) gewann sie das Championat im Zweierbob.

Vom kleinen in den großen Schlitten zu wechseln, ist nicht so ungewöhnlich, zahlreiche Piloten sind in jungen Jahren umgestiegen. Sich aber als Weltklasse-Athletin noch einmal auf ein neues Terrain vorzuwagen, machte Erdmann, die für die Bob-Abteilung der SpVgg Unterhaching startete, zu einer Pionierin. Damals, Ende der 90er-Jahre, war der Frauen-Bobsport gerade erst olympisch geworden. „Ich fand das schon immer toll, weil es so dynamisch war“, und dann kam noch etwas anderes hinzu: „Es wurde weiter oben gestartet“, nicht wie im Frauen-Rodeln fünf Kurven talwärts. Für jemanden, der Geschwindigkeit liebt, bedeutete das zusätzlichen Kitzel.

An dem hat es Erdmann nie mangeln lassen. Mit einigem Stolz blickt sie noch heute auf die Fotos, die 2004 der „Playboy“ von ihr machte. Das Honorar leitete sie umgehend weiter an ihre Bob-Crew. Kurz zuvor war ein Sponsor abgesprungen, und weil Piloten immer auch als Manager eines ganzen Teams gefordert sind, kam die Überweisung vom Männermagazin gerade recht: „Meine Kosten musste ich ja im Griff behalten.“

2007 beendete sie ihre Karriere. Es folgten komplizierte Jahre, nicht nur wegen der Umstellung vom Athletendasein ins Berufsleben. Das Tagespensum „von acht Stunden Sport auf neun Stunden Schreibtisch“ zu verändern, weil es das Anforderungsprofil einer Laufbahnberaterin bei der Bundeswehr nun mal erforderte, fiel schwer. Noch viel gravierender war freilich die Entdeckung eines Tumors an der Hirnanhangdrüse. Er erwies sich glücklicherweise als gutartig, muss aber seitdem regelmäßig begutachtet werden.

Susi Erdmann hat gelernt, mit der Erkrankung zu leben: „Ich bin ein positiver Mensch.“ Den 50. wird sie heute ganz ruhig feiern („mit einem Beauty-Tag“), aber weil so ein halbes Jahrhundert doch eine stolze Zahl ist, folgen noch zwei weitere Feste. Einmal mit Freunden, einmal mit dem „Eagles Charity Golf Club“.

Und dann geht es ja auch bald wieder in den Eiskanal. Die Bob-Saison neigt sich mit Olympia dem Ende entgegen, doch für Erdmann geht sie jetzt erst richtig los. Wenn die Welt nach Pyeongchang schaut, ist die Bahn in Igls angenehm frei. Für sie und ihre Gäste. marc beyer

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