München – 20 Jahre ist es jetzt her, und nicht alle sehen es so wie Silvia Mittermüller, 34: „Damals ist das Snowboarden vom Olympischen Vampir gebissen worden.“ Die freischaffende Freestyle-Globetrotterin meint: In Nagano 1998 wurde ihr Sport auf eine professionelle Ebene gehievt, ihm seit der Premiere unter den fünf Ringen aber auch etwas genommen, das Wilde, Urwüchsige, Rebellische. Stefan Knirsch, Sportdirektor beim Deutschen Verband (SVD), sieht es so: „Ich denke, das Snowboarden ist erwachsen geworden.“
An die Pioniere von damals erinnert man sich mit mildem Weißt-du-noch-Lächeln: An Ross Rebagliati, heute 46, der das allererste olympische Snowboard-Gold unter dem Einfluss von Marihuana gewann. Oder aus deutscher Sicht: An Nicola Thost, 40, die 1998 gleich mal Halfpipe-Gold holte – und noch bis vor einem Jahr Contests fuhr.
Inzwischen ist der Überflieger der Szene Multimillionär und ein Popstar: Shaun White kann sogar Videospiele verkaufen, die nach ihm benannt sind. Es lässt sich Geld verdienen mit dem einst belächelten Sport. Was aber kaum noch möglich ist: Dass einer Olympiasieger wird, der die Nacht davor durchgefeiert hat.
Auch für das IOC ist der gefühlt immer noch junge Sport ein Faktor geworden: 30 von 306 Olympia-Medaillen werden in den fünf Snowboard-Disziplinen vergeben. Der Deutsche Verband, der wie in Sotschi ein 13er-Team stellt, ist überall vertreten und hofft wie 2014 auf zwei Medaillen. Mit wilden Überfliegern ist allerdings nicht zu rechnen. Hinter Freestyle-Freigeist Mittermüller klafft eine große Lücke. Die größten Hoffnungen wecken die braven Raceboarder. uli kellner