Trotz neuer Doping-Vorwürfe

Putin darf nicht fallen

von Redaktion

Die Frage ist ganz einfach: Glaubt man dem Überläufer Grigori Rodschenkow oder der russischen Darstellung? Die leugnet ja offiziell noch immer, dass es vor und bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi zu systematischem Doping gekommen ist. Während der damalige Leiter des Moskauer Doping-Kontrolllabors nach seiner Flucht in die USA das unglaubliche Ausmaß des von ihm mitverantworteten Betrugs offenlegte und nun in der ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping“ behauptete: Präsident Putin könne nicht leugnen, über den Plan genauestens Bescheid gewusst zu haben.

Beweisen, das muss man festhalten, kann Rodschenkow seine Anschuldigung nicht. Doch wenn man logisches Handeln nur ansatzweise zugrunde legt, wird es an seiner Darstellung keine Zweifel geben können. Putin hatte die Idee der Spiele von Sotschi von Anfang an zur Chefsache gemacht. Zur Vergabe war er extra Tage vorher nach Acapulco gereist und hatte die IOC-Mitglieder unter bis heute nicht erklärbaren Umständen zu einem Sinneswandel zu Gunsten Russlands bewegt. Den Kurort am Schwarzen Meer ließ er mit hohem Milliarden-Aufwand in eine Olympia-Zauberlandschaft verwandeln. Während der Spiele war er omnipräsent. Und wenn es eines letzten Beweises seiner diesbezüglichen Allmacht bedurft hatte: Als das IOC seinen teilweisen Olympia-Bann für Pyeongchang verhängte und in Russland scharfer Protest dagegen laut wurde, wischte ihn Putin schon am Tag danach weg, indem er den Spruch umgehend akzeptierte.

Das IOC, steht zu vermuten, wird die höchst belastende Aussage Rodschenkows offiziell nicht einmal registrieren. Die bevorstehende Wiederwahl des russischen Präsidenten wird deswegen schon gar nicht gefährdet sein. Und der Überläufer wird sich weiter hinter dem Zeugenschutzprogramm des FBI verstecken müssen. Genau so stellt sich die Lage im Weltsport trotz der unerhörten Vorfälle nach wie vor dar. Russland ist zu groß, um fallengelassen zu werden.

Wie lange das Gebäude der Verlogenheit freilich für das IOC noch trägt, darüber darf zu Recht spekuliert werden. Der nur teilweise Ausschluss Russlands von den bevorstehenden Winterspielen jedenfalls ist nicht dazu angetan, Vertrauen zu gewinnen.

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