München – Das Transferfenster ist zu, nichts geht mehr, und für Sandro Wagner heißt das: Ein Mal ordentlich durchschnaufen. Der einzige Winterneuzugang des FC Bayern nämlich hat in den vergangenen 30 Tagen seit dem Abflug ins Trainingslager nach Katar nicht allzu viele ruhige Minuten gehabt. Interviews, Medientermine, Foto-shootings – als „Neuer“ mitten in der Saison muss man da überall alleine durch. Es ist dem 30-Jährigen, so hört man, in den vergangenen Tagen ein wenig zu viel geworden. Das Pensum neben dem Platz will er runterschrauben.
Das dürfte Wagner ab jetzt leichter fallen, weil er ja seit gestern auch offiziell nicht mehr so sehr im Schaufenster steht. Der Stürmer ist jetzt einer von 23 Mann im Kader von Jupp Heynckes, der um Einsatzzeiten und am Ende um drei Titel kämpft. Und hinter den Kulissen haben die Bosse sowieso schon längst die Sommer-Personalien im Kopf. Auslaufende Spielerverträge und ein endender Trainer-Kontrakt müssen parallel zum stetig fortschreitenden Generationenumbruch besprochen werden. Zu viel – wie Wagner – darf es Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Co. in den kommenden Monaten nicht werden.
Die unterschiedlichen Baustellen werden unterschiedlich behandelt, und es ist kein Geheimnis, dass die Trainerpersonalie Vorrang hat. „Charmeurisieren“ sollten die Klubobersten den eigentlich nur bis Sommer angestellten Heynckes mal schön, sagte Thomas Müller dieser Tage. Hoeneß lässt in dieser Mission keine Gelegenheit aus. Die jüngsten Aussagen: „Es gibt keinen Plan B“, „die Wahrscheinlichkeit liegt bei zehn Prozent, aber ich gebe nicht auf“ und „wenn ich ziemlich nackig vor Jupp Heynckes stehe, habe ich vielleicht eine kleine Chance“. Inhaltlich wird das Bestreben wie folgt begründet: Heynckes moderiere den Altersumbruch im Kader „perfekt“, und er müsse ja auch als Trainer des Rekordmeisters „keine 500 Meter am Stück laufen, sondern sein Hirn einsetzen“. Und das sei „total intakt“.
Man kann von diesem permanenten Werben halten, was man will. Hoeneß’ Gedankengänge aber sind logisch. Das fiktive Beispiel des Präsidenten – „Stellen Sie sich vor, ein Trainer mit 35 Jahren sagt Ribery: Ich stelle dich heute nicht auf“ – beschreibt das Dilemma, in dem die Bayern sich befinden. Nicht unmittelbar, aber doch zu einem Teil hängen daher auch die Vertragsgespräche mit Franck Ribery, Arjen Robben und Rafinha damit zusammen, wer ab dem Sommer auf der Trainerbank sitzt.
Sven Ulreich ist bei diesen Überlegungen außen vor, weil der vierte Mann im Kader, dessen Kontrakt ausläuft, unter allen Umständen und am besten auch langfristig gehalten werden soll. Gespräche mit dem erstarkten (Ersatz-)Keeper sollen dieser Tage starten, Ausgang offen. Ulreich genießt die Spielpraxis, die er aktuell in Abwesenheit von Manuel Neuer bekommt, und überlegt, in welchem deutschen Klub er Nummer eins sein könnte. Allerdings fühlt er sich mit seiner Familie sehr wohl in München.
Der Torwart ist 29 Jahre alt, aber in einer ganz anderen Situation als Ribery (34) und Robben (34). Auch mit den beiden Flügelspielern ist ein erstes Abtasten in naher Zukunft geplant, Entscheidungen aber dürften sich sicher bis in den Frühling ziehen. Bei Robben steht die Tendenz für einen weiteren Einjahresvertrag – bleibt er verletzungsfrei – gut. Ribery beeindruckt seit Wochen mit Akribie, Fleiß und Einsatzwillen, müsste aber mit fortschreitenden Alter damit zurechtkommen, dass er womöglich nur noch als Ersatzmann von Kingsley Coman angestellt ist.
Keine andere Rolle als jene in der zweiten Reihe kennt Rafinha (32), der sich auch aktuell als verlässlicher Vertreter der Außenverteidiger präsentiert. Seit bald sieben Jahren kickt der Brasilianer bei den Bayern, so konkret wie heuer waren seine Wechselabsichten aber noch nie. Die Familie in der Heimat fehlt ihm so sehr, dass er sogar eine Zeit lang an einen Winterwechsel gedacht hatte. Überlegungen in diese Richtung allerdings wurden schnell verworfen. Ist ja gerade so schön in München, mit Heynckes.