WINTERSPIELE IN PYEONGCHANG

CAS-Urteil erschüttert Olympia

von Redaktion

Aufhebung der Dopingsanktionen gegen 28 russische Sportler macht das Chaos perfekt

VON MARTIN BEILS

Pyeongchang – Ein sonniger Donnerstag neigte sich am Olympia-Ort Pyeongchang dem Ende zu, die ersten Athleten waren gerade ins olympische Dorf eingezogen, da erschütterte der Generalsekretär des Internationalen Sportgerichtshofs CAS mit seinem Statement die Sportwelt: Der CAS hat alle Doping-Sanktionen gegen 28 russische Wintersportler aufgehoben. Elf weitere Sportler bleiben von den Spielen in Pyeongchang ausgeschlossen, ihre lebenslangen Sperren für Olympia sind aber ebenfalls ungültig. Was für ein Desaster für das Internationale Olympische Komitee.

Vor allem die Begründung war für das IOC, das die Urteile gefällt hatte, eine schwere Niederlage. Denn der CAS kippte die Sperren aus Mangel an Beweisen. Den Juristen erschien zu dürftig, was das IOC zusammengetragen hatten, bevor es insgesamt 43 russische Wintersportler von künftigen Olympischen Spielen ausgeschlossen hatte, weil die Athleten bei den Heim-Spielen in Sotschi 2014 von organisierten Manipulationen profitiert haben sollen.

Für Alfons Hörmann, den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), ist der CAS-Spruch „ein höchst unbefriedigendes Urteil, weil damit das nachweislich vorhandene und völlig inakzeptable staatliche Dopingsystem in Russland nicht in der gebotenen Härte bestraft werden kann“. Er sprach von einem „Schlag ins Gesicht des sauberen Sports“.

Das IOC prüft nun Konsequenzen, einschließlich einer Beschwerde gegen das CAS-Urteil beim Schweizer Bundesgericht. Dort könnte das IOC aber allenfalls gegen formale Fehler vorgehen.

Das IOC muss binnen kurzer Zeit schon den zweiten Schlag hinnehmen. Im Laufe der Woche war bekannt geworden, dass die für die Dopingproben in Pyeongchang vorgesehenen Urin-Flaschen manipulierbar sind. Die Welt-Anti-Doping-Agentur empfiehlt nun den Einsatz eines älteren Modells.

Die Rechtsstreitigkeiten um die Sperren zeigen das Chaos im Weltsport deutlich. So hatte das IOC zwar russische Bob- und Skeleton-Sportler für die Spiele gesperrt, an den Weltcup-Rennen nahmen sie aber teil. Andreas Trautvetter, Vizepräsident des Weltverbandes, fühlt sich im Umgang mit den zuvor gesperrten Russen bestätigt: „Diese Entscheidung vom CAS habe ich erwartet, weil die europäische Rechtslage gilt. Da gilt die Unschuldsvermutung, bis man die Schuld nachgewiesen hat. Die Beweise waren von Beginn an nicht ausreichend.“

Nach der Aufhebung der Sperre für 28 Athleten steht nun die Frage im Raum, ob weitere russische Athleten in Pyeongchang antreten dürfen. Das IOC betonte:  „Die CAS-Entscheidung bedeutet nicht, dass Athleten aus der Gruppe der 28 zu den Spielen eingeladen werden.“ Wer nicht sanktioniert werde, bekomme „nicht automatisch“ das Privileg einer Einladung verliehen. Russland kämpft um weitere 15 Einladungen für prominente Athleten. Das sagte Stanislaw Posdnjakow, der Vizepräsident des russischen NOK. Auf der neuen Antrags-Liste stehen nun auch wieder Langlauf-Olympiasieger Alexander Legkow und Skeleton-Olympiasieger Alexander Tretjakow.

Vor einer Woche hatten 169 russische Wintersportler, die in Pyeongchang unter neutraler Flagge und ohne Hymne als „Olympischer Athlet aus Russland“ (OAR) antreten müssen, eine Einladung des IOC erhalten. „Russland in meinem Herzen“, prangt groß auf den Trikots. Das Hintertürchen, durch das möglicherweise der eine oder andere Russe doch noch auf die Einladungsliste gelangen könnte, ist mit den Formulierungen des IOC weiter offen.

„Wir sind froh, dass die Gerechtigkeit endlich triumphiert hat“, tönte Kolobkow. Die CAS-Entscheidung bestätige, dass die Athleten „sauber“ seien.

Das besagt der Spruch des Sportgerichtshofs allerdings nicht. Der CAS betonte, dass die Athleten nicht für „unschuldig“ erklärt worden seien, sondern dass die Beweislage nicht ausreichend sei. Und: Nur die individuellen Fälle seien beurteilt worden, es sei nicht um die Frage gegangen, ob es ein organisiertes Dopingsystem in Russland gegeben habe. Das NOK Russlands war Anfang Dezember für die Winterspiele gesperrt worden.

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