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Ein bisschen Spielball

von Redaktion

Neues Team: Drazek und Co. erleben zwei Premieren in Pyeongchang

von hanna raif

München – Seit gestern ist es offiziell eröffnet, das olympische Dorf in Pyeongchang, in dem bald rund 2900 Sportler wohnen werden. Bis die Delegation der deutschen Bobfahrer eintreffen wird, dauert es noch – aktuell werden daheim die letzten Sachen gepackt. Für den Aufenthalt vor Ort aber ist schon alles genauestens geplant. Die deutschen Damen werden sich umstellen müssen, denn pünktlich zum Saisonhöhepunkt gibt es neue Zimmer-Konstellationen. Annika Drazek, die weltbeste Anschieberin, ist ab sofort Mitbewohnerin von Stefanie Schneider – und nicht mehr von Mariama Jamanka.

„Man muss ja irgendwie einen Spirit miteinander aufbauen“, sagt die 22-Jährige. Die organisatorische Neuerung wird für alle vier – die beiden Pilotinnen Schneider und Jamanka, die beiden Anschieberinnen Drazek und Lisa Marie Buckwitz – eine Umstellung sein. Aber sie ist eher ein Vor- als ein Nachteil, wenn man bedenkt, dass die jeweiligen Zimmer-Nachbarinnen bei der olympischen Entscheidung jeweils gemeinsam erfolgreich sein sollen.

Gut zweieinhalb Wochen sind nun vergangen, seit Bundestrainer Rene Spies seinen vier Top-Athletinnen die Besetzung für die Spiele in Pyeongchang verraten hat. Leicht hatte sich der 44-Jährige die Entscheidung nicht gemacht, am Ende aber waren die Startzeiten zu eindeutig. Für alle war es im ersten Moment schwer zu schlucken, dass die Teams Jamanka/Drazek bzw. Schneider/Buckwitz auseinandergerissen wurden. Drazek sagt aber immerhin: „Wir waren sehr froh, dass es endlich raus ist.“

Man muss bedenken, dass Spies die gesamte Saison alle Besetzungen getestet hatte – und es eigentlich nur um eine Frage ging: Wer bekommt Drazek auf den Schlitten? Die Gladbeckerin gibt zu, sich „ein bisschen wie ein Spielball“ gefühlt zu haben, als sie Woche für Woche eine andere Pilotin in die Spur brachte. Auf der einen Seite, sagt sie, „ist das natürlich eine einzigartige Stellung in unserem Team“ – also positiv zu sehen. Auf der anderen aber ist die Situation auch stets begleitet von Unsicherheit. Sogar bis zum Schluss, bis zum Weltcup-Finale in Schönau.

Dass Drazek die Sache vergleichsweise locker sieht, liegt daran, „dass ich es eigentlich nicht anders kenne“. Lediglich zu Beginn ihrer noch jungen Karriere war klar, dass sie gemeinsam mit Anja Schneiderheinze startet. Als die bis dahin beste deutsche Pilotin nach dem WM-Titel 2016 in den Mutterschutz ging, änderte sich für Drazek alles. „Außerordentliche Position“ nennt sie ihren Status im Team, der mit „Druck, Erwartung, aber auch Flexibilität“ verbunden ist: „Das musste ich also von Anfang an lernen.“

Jeden Tag hat sie sich in den vergangenen Monaten gesagt: „Leg dich nicht fest!“ Obwohl die Prioritäten klar waren – Drazek und Jamanka sind „nicht nur Kolleginnen, sondern auch Freundinnen“ – schockte die Entscheidung sie daher weniger als andere. Der Verlauf der Saison habe gezeigt, „dass Steffi auch stark ist“. Nicht erst, seitdem das Duo beim Finale am Königssee den Startrekord einstellte, sagt Drazek: „Es ist alles gut so, wie es ist.“

Drazek und Schneider sollen in Pyeongchang eine Medaille holen – das ist realistisch. „Viel Selbstvertrauen“ habe die Generalprobe gebracht, zudem „wächst man ja auch mit seiner Erfahrung“. Die beiden Athletinnen eint, dass sie absolute Ehrgeizlinge sind. Wenn sie also die vier Läufe runterbringen, „wer weiß“? Drazek lacht. Man merkt ihr an, dass sie sich freut auf alles, was da so kommen mag. Auf der Bahn und auch im olympischen Dorf. Bis zu Jamanka nebenan ist es ja nicht weit.

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