Wie immer scheint eines klar zu sein: Thomas Bach ist schuld. An allem, was schief läuft bei Olympia. Und der – speziell in Deutschland – vorherrschende Eindruck lautet, dass kaum noch etwas heil geblieben ist an der olympischen Idee, seitdem der frühere Fechter vor gut vier Jahren das höchste Amt des Weltsports angetreten hat. Mal wird der IOC-Präsident als Tollpatsch dargestellt, mal als Putin-Kumpan, mal als Doping-Verharmloser, mal als Amigo des Kommerzes.
Am Imageproblem des Juristen besteht sicher kein Zweifel. Dennoch sollte die Frage erlaubt sein, ob Bach tatsächlich der olympische Totalversager ist, als der er gerne gesehen wird?
Nicht ganz unerwähnt bleiben sollte hierbei, dass Olympias Ruf ja längst schon massiv ramponiert war, bevor Bach die Zügel in die Hand nahm. Die großen Korruptionsskandale fielen noch in die Zeit des unseligen Juan Antonio Samaranch, Chefolympier von 1980 bis 2001. In dieser Ära erfolgten auch die Initialzündungen für die totale Kommerzialisierung. Auch die Doping-Seuche breitete sich weltweit lange vor Bach aus. Und nicht zu vergessen ist, dass es bereits dem redlichen Jacques Rogge, Samaranchs Nachfolger, nicht gelungen war, das olympische Übel in den Griff zu bekommen.
Es war also kein leichtes Erbe; die Krise war seit langem da. Während Bachs Amtszeit hat sie sich – trotz der gut gemeinten Agenda 2020 – allerdings noch verschärft. Das aktuelle Fiasko im Umgang mit dem russischen Staatsdoping ist ein neuer, gewaltiger Rückschlag. Wobei es zwar falsch wäre, dem IOC-Präsidenten unlautere Absichten zu unterstellen bei der Verbannung russischer Athleten. Aber er hat sich zum wiederholten Mal durch Ungeschicklichkeiten und mangelnde Konsequenz in eine Situation hineinmanövriert, wo er nur verlieren konnte. Erst war er vielen zu milde; dann scheiterte der Versuch, Härte zu zeigen. Was er auch machte, es war verkehrt. Im Sport spricht man in solch einem Fall von einem „unglücklichen Händchen“. Im Falle eines IOC-Präsidenten ist solch ein Manko fatal.