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von Redaktion

Davis Cup-Team um Alexander Zverev besiegt Australien souverän – „Mit Deutschland kann man wieder rechnen“

Von Doris Henkel

Brisbane – Am Abend trennten sie sich. Die einen stiegen in den Flieger, der sie von der Goldküste zurück nach Europa brachte, ein kleinerer Trupp blieb noch eine Nacht in Brisbane, darunter der Kapitän. Ursprünglich hätte Michael Kohlmann zu den Sonntagsfliegern gehören sollen, doch am Ende blieb er gern noch für eine entspannte Nacht. Nach dem souveränen Sieg gegen die Australier (3:1) durfte er sich im vierten Jahr als Chef des deutschen Teams zum ersten Mal auf ein Viertelfinale im Davis Cup freuen.

Und es gab Grund zum Optimismus, so reichlich wie schon seit Jahren nicht mehr. Das sah auch Boris Becker so, der Chef des deutschen Männertennis, der schwer beeindruckt vom Auftritt der ganzen Mannschaft verkündete: „Das ist zuerst mal eine Nachricht an andere Tennisnationen, dass man mit Deutschland wieder rechnen kann.“

Das Beste daran ist: Die positiven Erkenntnisse galten jedem Einzelnen wie der ganzen Einheit. Im Mittelpunkt des unerwartet regenreichen Wochenendes in Brisbane stand der Auftritt von Alexander Zverev, sowohl im ersten Spiel bei der kniffligen Aufgabe gegen den 18 Jahren alten Debütanten Alex de Minaur als auch in der entscheidenden Partie am Sonntag gegen Nick Kyrgios. In deutlich weniger als zwei Stunden gewann Zverev 6:2, 7:6, 6:2 und lieferte dabei sein bestes Spiel seit August vergangenen Jahres ab, als er in Montreal den zweiten Masters-1000-Titel der Saison gewonnen hatte.

Es war weiß Gott nicht leicht, gegen Kyrgios bei einer klaren Linie zu bleiben; in manchen Phasen machte der beste Mann der Australier den Eindruck, als stehe er mit Schmerzen im Ellbogen kurz vor der Aufgabe, dann spielte er, als sei alles in Ordnung. Zverev ließ sich nicht beeindrucken; er schlug extrem gut auf, variierte deutlich besser als in der ersten Partie und bestand die Prüfung mit Bravour. Es war sein erster Sieg gegen einen Spieler aus den Top 50 der Weltrangliste in einem Spiel über drei Gewinnsätze – und mehr als das.

Sein Gesicht nach dem ersten Matchball spiegelte eine Mischung aus jugendlicher, losgelöster Freude und dem Bewusstsein der Bedeutung des Augenblicks, und Zverev machte auch sonst beste Werbung für sich und das deutsche Tennis an diesem Wochenende. Das von ihm nach einem Sturz zum Trost auf die Wange geküsste Ballmädchen wird sich ebenso gern an die Begegnung mit ihm erinnern wie eine Hundertschaft australischer Fans, für die er nach dem Sieg gegen Kyrgios Autogramme schrieb und für Fotos auf Stühle stieg, als die anderen der deutschen Mannschaft längst die Arena verlassen hatten.

Auch Becker war beeindruckt und fand, Zverev sei wie ein Spitzenmann aufgetreten. „Von einer Nummer eins wird erwartet, dass er in beiden Einzeln Punkte holt, und das hat er gemacht.“ Aber dass der beste Mann den entscheidenden dritten Punkt überhaupt holen konnte – das vierte Einzel fand einer neuen Regel des Internationalen Tennisverbandes ITF folgend nicht mehr statt –, dafür hatten Jan-Lennard Struff und Tim Pütz am Samstag mit ihrem Sieg im Doppel gesorgt.

Bereits beim Spiel um den Klassenerhalt im September 2017 in Portugal hatten der lange Sauerländer und der quirlige, trickreiche Hesse zusammen überzeugt. Diesmal gewannen sie in fünf Sätzen gegen die Nummer vier der Weltrangliste im Doppel, John Peers und Matthew Ebden, und nun deutet einiges darauf hin, dass die jahrelange Suche nach einem verlässlich starken deutschen Doppel für den Davis Cup ein Ende haben könnte. Pütz und Struff stellten nach der großen Tat ein wenig überrascht und belustigt fest, sie hätten in 20 gemeinsamen Spielen in der Bundesliga, in der französischen Liga und im Davis Cup noch nie verloren. Die beiden ungleichen, aber bestens harmonierenden Partner hätten jedenfalls nichts dagegen, die Serie auszubauen.

„Jeder hat auf seine Weise was zu diesem Sieg beigetragen“, fand Kapitän Kohlmann zum guten Schluss, „jeder hat was geopfert. Ein so gutes Team wie das von Lleyton Hewitt zu schlagen macht einen schon stolz.“

Auch Becker, der von der ersten bis zur letzten Sekunde der Woche in Brisbane unübersehbar präsent gewesen war, klang nach dem letzten Ballwechsel extrem positiv, und das ist er offenbar auch mit Blickrichtung auf die nahe Zukunft. „Die wichtigste Botschaft ist, dass alle im Davis Cup spielen wollen – das war lange Zeit nicht so. Was die Mannschaft ausmacht, ist nicht immer nur das, was man auf dem Platz sieht; wir halten zusammen, dann bist du schon mal 15:0 vorn.“

Die nächste Gelegenheit dazu wird sich Anfang April im Viertelfinale gegen Spanien bieten, wieder in einem Auswärtsspiel. Noch auf dem blauen Boden der Pat Rafter Arena ließ Alexander Zverev die Tenniswelt wissen: „Wir wollen hier nicht aufhören“. Es könnte also noch spannend werden in diesem Jahr.

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