Zerkratzt zu Olympia

von Redaktion

Aber Kira Weidle steckt ihren Sturz weg und fährt in Garmisch auf den 19. Platz

Garmisch-Partenkirchen – Wer noch einen anschaulichen Beweis dafür braucht, dass der alpine Skisport gewisse Gefahren birgt, der muss zur Zeit nur mal Kira Weidle ins Gesicht schauen. Ziemlich ramponiert sieht es aus. Beim Riesenslalom-Training vor genau einer Woche auf der Reiteralm hatte sie nach einem Sturz mit dem Gesicht gebremst, was so passierte: „Über eine Kuppe abgehoben, noch eingefädelt ins Tor, dann Kopf voraus in den Schnee.“

Wenigstens konnte sich Weidle an alles erinnern. Tag darauf war das Auge komplett zugeschwollen, sie sah gar nichts mehr, und niemand glaubte da, dass sie am Samstag beim Rennen in Garmisch-Partenkirchen würde antreten können. Tat sie aber doch, was sich lohnte, weil die Starnbergerin nach Rang 34 am Samstag gestern als 19. schon einen wesentlich besseren Eindruck hinterließ. In zwei Wochen darf sie bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang an den Abfahrts-Start gehen.

Bilder wie diese sind es, die dem Deutschen Skiverband die Nachwuchsarbeit so erschweren. Junge Mädchen wagen sich kaum noch auf die Abfahrt. „Das habe ich vor zehn Jahren schon prognostiziert“, sagt DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier, „dass uns die Gefährlichkeit dieses Sports irgendwann einholt. Jetzt ist es halt soweit.“

Die Abfahrt der Frauen kämpft schon länger mit einem Imageproblem, was sich am Samstag beim Weltcup auch an der Teilnehmerzahl von 44 Damen ablesen lässt. Eltern lehnen die Schussfahrt für ihre Töchter, weil zu riskant, immer öfter ab, vor allem wenn dann noch tödliche Renn-Unfälle passieren wie im Herbst von Abfahrer David Poisson (Frankreich) oder Nachwuchstalent Max Burkhart (17) aus Garmisch-Partenkirchen. Oder eben am Samstag der fürchterliche Abflug von Jacqueline Wiles (siehe oben). Der Verband versucht, den Ängsten entgegenzuwirken „durch seriöse Aufklärungsarbeit bei den Eltern und Athleten“, wie Maier sagt. Spezielle Ausbildungscamps sollen dazu beitragen.

Ein paar Verwegene gibt es ja noch neben Viktoria Rebensburg. Patrizia Dorsch (SC Schellenberg, 19. am Samstag/32. gestern), Meike Pfister (SC Krumbach, 27./gestern sogar 14.), Michaela Wenig (Bad Tölz, ausgeschieden/21.). 38 von nur noch 42 gestarteten Damen kamen gestern in die Wertung. Ziemlich wenig.

Nur Kira Weidle hat sich neben Viktoria Rebensburg für die schnellen Rennen bei den Olympischen Spielen qualifiziert, und sie ist gespannt, was da alles auf sie zukommt. Kalt soll es sein in Südkorea, hat sie erfahren, bitterkalt, „das taugt mir“. Verhältnisse ähnlich wie in Lake Louise (Kanada), und da raste sie vor Weihnachten auf Platz acht in der Abfahrt. In Garmisch-Partenkirchen war es wärmer, und die Strecke deutlich anspruchsvoller. Das Problem bei der Abfahrt sei laut Weidle ja immer: „Wenn es sich gut anfühlt, ist es meistens nicht schnell. Man wundert sich im Ziel, wo der Rückstand herkommt.“ Gestern waren es 1,75 Sekunden. Die Schneeverhältnisse in Jeonseon bei Pyeonchang könnten ihr besser liegen. Und die Wunden im Gesicht sollten bis dahin verheilt sein.  jk

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