Russen raus, Russen rein, dann wieder raus – und am Ende doch wieder rein?
Wer das tägliche Tauziehen um das Startrecht dopingverdächtiger oder doch dopingfreier russischer Athleten noch durchblickt, muss schon Super-Insider sein. Dabei täte Klarheit Not, so kurz vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang.
Freilich: Das IOC wird diese Klarheit nicht mehr herstellen können. Auch wegen der Kürze der Zeit. Vor allem aber, weil sich die Dachorganisation des Weltsports auf ein unüberschaubares Vorgehen eingelassen hatte, als es auf den russischen Doping-Sumpf rund um Sotschi mit einem diplomatisch anmutenden Teilausschluss reagierte. Statt zu sagen: Das russische Staatsdoping ist so eindeutig belegt, dass uns als Alternative nur der totale Bann bleibt.
Spätestens jetzt, vor dem Start der Spiele in Südkorea, steht das IOC vor einem ebenso vorhersehbaren wie unlösbaren Dilemma. Wenn IOC-Mitglied Richard Pound – zugegeben ein kritischer Geist, der nach langer Funktionärskarriere keinerlei Rücksichten mehr nehmen muss –, wenn also der Kanadier sagt, ein großer Teil der Welt glaube, dass das IOC versagt habe, hat er den offensichtlich immer größer werdenden Kreis der Olympia-Skeptiker zielgenau im Blick.
Zumindest das informierte Publikum hat durch internationale Recherchen mitbekommen, wie in Russland betrogen wurde. In Deutschland lief die Aufklärung in „Geheimsache Doping“. Und auch wenn die ARD-Sendung PR-geschickt im Vorfeld der Winterspiele platziert wurde und teils sehr effekthaschend daherkam, machte sie doch deutlich: Der Sport ist dopingdurchseucht, darüber hinaus funktionieren die Tests nicht mehr, weil die Versiegelung der verwendeten Urinflaschen leicht zu knacken ist.
Darauf mag sich nun ab Freitag jeder seinen eigenen Reim machen. Entweder er lässt sich durch die spektakulären Bilder aus Pyeongchang wieder prächtig unterhalten – oder er wendet sich ab mit Grausen, weil er jede Leistung, jede noch so glänzende Medaille mit Fug und Recht in Zweifel zieht.
Der Tod der einst hehren olympischen Idee scheint tatsächlich nicht mehr fern.