Serie: Olympiastarter aus Oberbayern (X und schluss): Skispringen

Zum Auftakt die heimliche Liebe

von Redaktion

Der Wettbewerb auf der kleinen Schanze könnte für das DSV-Team zum Schlüssel in Korea werden

Von Patrick Reichelt

München – Vor dem Abflug nach Fernost haben Deutschlands Skispringer schon einmal den Ernstfall simuliert. In aller Frühe hatte Bundestrainer Werner Schuster am Montag noch ein Training angesetzt. Es sollte den Männern um Vorflieger Richard Freitag schon eine Ahnung davon geben, an welchen Rhythmus sie sich in den nächsten Wochen zu gewöhnen haben. Helle Begeisterung rief die Sache nicht hervor. Auch bei Andreas Wellinger „Der Biorythmus ist ein Sauhund“, sagte der Münchner.

Sie werden sich schnell daran gewöhnen müssen. Das olympische Programm für die Springer ist hart. Schon morgen (13.30 Uhr/MESZ) steht mit der Qualifikation auf der Normalschanze der erste Ernstfall auf dem Programm. Die im Weltcup nicht mehr gebräuchliche kleine Schanze, auf der dann am Samstag (13.35 Uhr) die ersten Springermedaillen von Pyeongchang vergeben werden, ist ja so etwas wie Schusters heimliche Liebe. Der Österreicher ließ seine Athleten eigens in Oberstdorf auf der kleinen Schanze buchen. Die kleine Anlage wurde wie die olympische Schanze vom Allgäuer Hans-Martin Renn geplant und ist dem Bakken in Pyeongchang entsprechend ähnlich. Ohnehin vermittelt Schuster seinen Schützlingen einen stark auf dem Absprung basierenden Stil. Das könnte sich beim olympischen Auftakt auszahlen.

Skispringen ist eine Kopfsportart – ein frühes Erfolgserlebnis könnte Auswirkungen für den weiteren Verlauf der Spiele haben. Bei denen der Deutsche Skiverband (DSV) vor allem den Mannschaftswettbewerb am 19. Februar (13.30 Uhr) im Visier hat. Nach der ersten Saisonhälfte wird das deutsche Team im Weltcup hinter den immer stärker werdenden Norwegern als Nummer zwei geführt. In Pyeongchang tritt das DSV-Quartett als Titelverteidiger an.

Andreas Wellinger: Der letzte Goldjunge

Andreas Wellinger wird sich gut daran erinnern. Der ist mit 22 Jahren der Jüngste im deutschen Aufgebot und nach der schweren Verletzung von Pechvogel Severin Freund (Kreuzbandriss) doch schon das einzige Überbleibsel des Goldcoups von Sotschi. Wobei der frühere Ruhpoldinger im Russland noch als blutjunges Ausnahmetalent antrat. Vier Jahre später ist Wellinger merklich gereift. „Er hat sowohl körperlich als auch als Typ einen großen Schritt nach vorne gemacht“, sagte Schuster.

Neben Richard Freitag geht er nicht umsonst als größter Hoffnungsträger auf olympische Ehren ins Rennen. Zwar hat er nicht ganz die Konstanz wie in der zweiten Hälfte der vergangenen Saison, als er sich an der Spitze ein heißes Duell mit dem Österreicher Stefan Kraft lieferte. Nicht zuletzt zwei Silbermedaillen von der Nordischen Weltmeisterschaft in Lahti sprangen dabei heraus.

Doch nicht zuletzt mit Platz zwei bei der Vierschanzentournee brachte er auch in dieser Saison schon eindrucksvolle Qualitätsnachweise. As Weltcup-Dritter ist der selbstbewusste Bayer auch so einer der größten Herausforderer des polnischen Topfavoriten Kamil Stoch, der zuletzt in Willingen mit den Plätzen vier und zwei die Weltcup-Spitze übernahm.

Markus Eisenbichler: Der Schattenmann

Und dann ist da ja auch noch Markus Eisenbichler. Der Siegsdorfer hat sich im bisherigen Saisonverlauf als deutsche Nummer drei hinter Freitag und Wellinger etabliert. Seinen Platz in der Mannschaft hat der 26-Jährige sicher. Aber Eisenbichler würde schon ganz gerne auch in den Einzelwettbewerben seine Qualitäten unter Beweis stellen. Öffentlich gibt er sich zwar betont locker. Doch sein langjähriger Förderer Christian Leitner von der Sportschule in Berchtesgaden verrät: „Der Markus ist sehr ehrgeizig, der will ganz hoch.“

Dass er das Zeug dazu hat, hat Eisenbichler schon des Öfteren in Einzelsprüngen unter Beweis gestellt. Beim Tournee-Springen in Innsbruck etwa war er zur Pause als Zweiter der schärfste Verfolger des späteren Vierfach-Siegers Kamil Stoch (Polen). Im zweiten Durchgang rutschte er dann aber auf Rang acht ab.

Unsere Prognose

Drei Medaillen. Die Männer zählen in allen drei Wettbewerben zum Favoritenkreis und auch die Frauen um Titelverteidigerin Carina Vogt können hoffen.

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