Die Perfektion der Eisfrau Laura

von Redaktion

Biathletin Dahlmeier brilliert auch im Verfolgungsrennen und holt sich ihr zweites Olympia-Gold

Von Armin Gibis

Pyeongchang – Die Stimme des Sprechers im Alpensia-Stadion überschlug sich, und nachdem wieder alle fünf Scheiben gefallen waren, schrie er in die eiskalte Winternacht voller respektvoller Begeisterung: „The icewoman from Germany!“ Die Eisfrau aus Deutschland.

Es war als Referenz an die scheinbar so eiskalte Art gemeint, wie Laura Dahlmeier am Schießstand auch die zu ihr aufgelaufene Anastasia Kuzmina mit perfekter Präzision zermürbt hatte. Am Ende lief die Garmisch-Partenkirchnerin ein unangefochtenes Rennen. Auf der Zielgeraden schnappte sie sich sogar noch eine Deutschland-Fahne und winkte damit – als nunmehr zweifache Olympiasiegerin – den Zuschauern zu. Gerald Hönig, der Bundestrainer, konnte es kaum fassen: „Ich bin fast sprachlos. Laura zeigt Biathlon in Perfektion.“

Gold im Sprint, Gold in der Verfolgung – das hat in der Biathlon-Geschichte bislang nur der legendäre Ole Einar Björndalen geschafft. „Cool, unglaublich“, sagte die 24- Jährige dazu. Und viel überlegener ist der Norweger in seiner Glanzzeit auch nicht aufgetreten wie derzeit die Oberbayerin. Bei ihrem gestrigen Triumph im Verfolgungsrennen vor der Slowakin Kuzmina (29,4 Sekunden zurück) und der Französin Anais Bescond (29,7) hielt sie die Konkurrenz souverän auf Distanz. Bescond meinte: „Laura dominiert unseren Sport.“ Auch Denise Hermann (6. Platz), die zusammen mit Franziska Hildebrand (12.) und Vanessa Hinz (13.) für ein starkes Teamergebnis gesorgt hatte, befand: „Ich hab mir schon gedacht, dass Laura den Sack zumacht. Sie ist so gut drauf. Sie lässt der Konkurrenz einfach keine Chance.“

Doch Dahlmeier vermied den Überschwang. Auf die Frage, ob sie nun eine ähnliche Serie hinlegen könnte wie bei der WM 2017 mit fünf Goldmedaillen, erklärte sie: „Wenn ihr in meine Beine reinschauen könntet, würdet ihr staunen, wie man so gewinnen kann.“

Sie hatte wieder einmal das Letzte aus sich herausgeholt, und vor allem am Schießstand grandiose Zielsicherheit geboten. „Ich war sehr konzentriert“, sagte sie. Das war auch nötig. Denn Anastasia Kuzmina hatte sie auf der dritten Runde eingeholt. „Sie ist ganz schön herangeprescht.“ Dahlmeier konterte mit zwei Null-Fehler-Einlagen, insgesamt hatte sie sich nur einen einzigen Fehlschuss geleistet. „Es ist unglaublich, wie sich Laura jeden Tag unter schwersten Bedingungen diese Siegleistung erarbeitet. Sie ist professionell bis in die Haarspitzen“, sagte Hönig.

Diesmal kam noch hinzu, dass die eisige Kälte ihr enorm zusetzte. Ihre Finger, so erzählte sie, „mussten nach dem Rennen erst auftauen. Das waren unheimliche Schmerzen, das hat brutal weh getan. Das war schlimmer als der Fight auf der Strecke.“ Dennoch war Dahlmeier – auch mit klammen Fingern – während des Rennens stets am Drücker geblieben. Kuzmina meinte: „Lauras große Stärke ist, dass sie auch bei starkem Wind sehr gut schießt.“

Die Zweitplatzierte, die als 13. ins Rennen gegangen war, erfreute sich unterdessen ihres Silbers. Auch weil die gebürtige Russin ihrem Bruder Anton Schipulin ein trostreiches Präsent machen wollte. Der russische Biathlon-Star war kurz vor den Spielen seitens des IOC die Starterlaubnis verwehrt geblieben. Die eingebürgerte Slowakin Kuzmina meinte: „Ich vermisse meinen Bruder sehr.“ Für Olympia habe er ihr mit auf den Weg gegeben: „Gewinn zwei Medaillen – eine für dich, und eine für mich.“

Auch Laura Dahlmeier fühlte sich einer Art Mission verpflichtet. Auf der Zielgeraden machte sie mit beiden Händen eine Geste in Richtung Nachthimmel. Ihre Erklärung: „Das war für alle, die mich immer unterstützen. So ein kleines Danke. Es gibt so viele Menschen, die mir die Daumen drücken. Da ist so eine positive Energie da – nur so passt dann bei den Rennen alles zusammen.“

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