Konflikte im Zwei-Interessen-Haushalt

von Redaktion

Es soll ja Personen geben, die – wie ich, unsere Redaktionsmitglieder und die meisten unserer Leser – einfach sportinteressiert sind, also: Gerne Fußball, aber auch den sogenannten „Restsport“ verfolgen. In meinem Fall ist diese Leidenschaft familiär bedingt. Bei uns daheim hat es einfach dazu gehört, dass an Winterwochenenden der Fernseher lief. Wir saßen als Kinder nicht stundenlang gebannt davor, aber wir wussten am Ende des Tages immer, wer der oder die Schnellste, Beste, Weiteste war. Beim Sportstudio am Abend konnten wir meist schon mitreden.

Genauso traditionell ist das Interesse an Olympischen Spielen. Die Matratze vor dem Bett meiner Eltern war nicht sonderlich bequem und der Mini-TV – nur ein „Notnagel“ – hatte nicht mal eine Fernbedienung. Aber er funktionierte und ließ mich 1996 nachts verfolgen, wie Favoritin Franziska van Almsick über 200 Meter Freistil Gold verpasste. Ich drehte mich wieder um und schlief weiter. Etwas enttäuscht, aber gut.

Nun ist die Zeitumstellung heuer ja andersrum, nicht sechs Stunden zurück wie damals in die USA, sondern acht Stunden vor. Ob wir nachts eine Entscheidung verfolgen wollen, muss ich meinen Mann aber gar nicht erst fragen. Er gehört zu der Spezies Mensch, die sich den gesamten Winter über die Dauer-Übertragungen aufregen. Die Standardfragen „Wie viele Menschen fahren Bob?“ und „Kennst Du in unserem Umfeld Skispringer?“ beantworte ich schon gar nicht mehr.

Ich sag mal so: Bei Olympia muss er da durch. Und trotzdem findet er Wege aus seinem Dilemma. Am Samstag zum Beispiel, als Laura Dahlmeier gerade das erste Gold für Deutschland gewonnen hatte, habe ich mal kurz den Raum verlassen. Als ich wieder kam, lief Zweite Liga – und auf meinem Handy blinkte eine Nachricht meiner Schwester auf. Sie zeigte: Eine Goldmedaille. Ich schaltete panikartig um. Andreas Wellinger hatte doch wirklich ohne mich gewonnen.

Meiner Familie habe ich von diesem Fauxpas recht kleinlaut erzählt. Ab jetzt wird mir so etwas nicht mehr passieren. Und immerhin: Meine Schwester hat es noch schlimmer erwischt. Ihr Mann ist nämlich nicht mal am Fußball interessiert . . . hanna raif

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