Pyeongchang – Der krachend verpasste Olympiasieg bereitete der haushohen Gold-Favoritin Mikaela Shiffrin seelische Schmerzen. „Jede Niederlage, die ich hatte – ich erinnere mich daran soooo gründlich. Als würde ein Teil meines Herzens abbrechen und ich kann es nie wieder zurückbekommen. Heute geht es mir nicht anders“, sagte die Amerikanerin nach Rang vier im Slalom und 0,40 Sekunden Rückstand auf Olympiasiegerin Frida Hansdotter. „Irgendwann werde ich verstehen, dass das ein Teil des Lebens ist, aber ich bin nur 22, und im Moment fühle ich mich …“ – dann folgte einen Tag nach dem Triumph im Riesenslalom ein tiefer, lauter Seufzer.
Grundsätzlich ist Shiffrin auch ohne ihre zweite Goldmedaille bei den Winterspielen in Pyeongchang immer noch Shiffrin und damit das Maß der Dinge, daran hegte sie auch selbst keine Zweifel: „Ich weiß – das klingt jetzt so arrogant – dass ich die beste Slalomfahrerin der Welt bin. Das habe ich oft gezeigt.“
„Meine besten Slalomschwünge sind die besten der Welt. Aber heute bin ich nicht mal in die Nähe gekommen.“ Daher fehlten ihr 0,08 Sekunden auf die Medaillenränge.
Es war letztlich die „ewige Zweite“ Frida Hansdotter aus Schweden, die im olympischen Slalom die Goldlinie entdeckte. Die Cousine des schwedischen Prinzen Daniel fuhr von Rang zwei aus dem ersten Durchgang nach vorne und sicherte ihrem Heimatland den ersten Slalom-Sieg seit 1992. Später sagte sie: „Die Beste der Welt zu sein, das ist total verrückt.“ Hinter Hansdotter reihten sich die Schweizerin Wendy Holdener und Katharina Gallhuber aus Österreich ein.
Lena Dürr nach nur acht Sekunden raus
Die Deutschen dagegen lieferten ihr schlechtestes Slalom-Ergebnis in der Geschichte der Winterspiele ab. Marina Wallner kam bei ihrem Olympia-Debüt auf Platz 19. Lena Dürr (Germering) schied nach nur acht Sekunden aus „Kaum schiebst du raus, schon stehst du daneben“, klagte sie später und zeigte sich „brutal“ enttäuscht. Im zweiten Lauf erwischte es auch Christina Geiger. „Mich hat meine Verletzung doch ein bisschen gequält“, sagte die Oberstdorferin, die Sprunggelenksprobleme hat.
Als Reaktion auf das Abschneiden seiner Fahrerinnen kündigte Damen-Bundestrainer Jürgen Graller eine harte Analyse an. „Am Ende steht da ein 19. Platz – und das ist ernüchternd und schlecht. Da gehören klare Worte gesagt, die ich sicher aussprechen werde“, so der Österreicher.
Und Shiffrin? Die Ausnahmekönnerin, die sich – wie schon oft in ihrer Karriere – vor dem Start des ersten Durchgangs aus Nervosität übergeben hatte, litt weiter. Völlig entkräftet saß sie zusammengekauert im Zielraum und brauchte trotz des eisigen Windes lange, um sich zu bewegen. „Das ist hart zu verdauen“, erklärte sie. „Ich habe mich heute selber geschlagen.“
Die Aufregung und die Emotionen durch Riesenslalom-Gold tags zuvor, die Siegerehrung, das späte Zubettgehen, all das brachte Shiffrin um ihren gewohnten Rhythmus. „Bei zwei aufeinanderfolgenden Rennen ist es wichtig, seine emotionale Stabilität zu halten“, sagte sie. „Das ist mir nicht gelungen.“
Über einen Start in der Abfahrt am Mittwoch wird sie noch entscheiden. Sicher antreten will sie in der Kombination. „Wir werden diesen Tag analysieren und herausfinden, was passiert ist, um das in Zukunft zu verhindern“, sagte sie. Denn Verlieren, dieser Schmerz – nein, danke. dpa/sid