München – Beim Hinspiel, dem 5:3-Sieg der Löwen, war Markus Ziereis noch in der Warteschleife. Verpasst hat der Rückkehrer aus Regensburg ein Torfestival vor leeren Rängen (Geisterspiel), das die Nürnberger Reserve lange offen gestaltet hat. Beim Rückspiel zum Liga-Neustart an diesem Samstag werden die Vorzeichen gänzlich anders sein: Der gastgebende FCN grüßt von Platz 2 (damals 11), ist somit erster Verfolger des TSV 1860. Auch ist das Gegenteil eines Geisterspiels zu erwarten, nachdem sich fast 13 000 Gäste-Fans Tickets fürs Max-Morlock-Stadion gesichert haben. Und auch für Ziereis selbst hat sich vieles geändert. Er ist jetzt eine feste Größe bei seinem alten neuen Verein – und er will seinen Teamkollegen Lust auf Aufstiege machen. Drei hat der 25 Jahre alte Rodinger in seiner Karriere bereits erlebt.
-Herr Ziereis, was überwiegt: Die Freude, dass der Ball nach drei Monaten Pause wieder richtig rollt? Oder die Erleichterung, dass sechs Wochen Vorbereitung vorüber sind?
Natürlich freut man sich riesig, dass es wieder losgeht. Sechs Wochen Vorbereitung ziehen sich ewig hin, und gerade im Winter ist das etwas ungewohnt, wenn man aus einer höheren Liga kommt, die nicht so lange pausiert.
-Dafür geht es gleich mit einem Spitzenspiel los: Der Zweite der Tabelle empfängt den Ersten . . .
Ja, das wird ein echter Kaltstart. Dafür wissen wir dann gleich, wo wir stehen (lacht).
-Coach Daniel Bierofka schwärmt vom verschärften Konkurrenzkampf im Team, dabei ist mit Michael Görlitz nur ein neuer Spieler dazugekommen.
Ich hab ja beim FSV Frankfurt ein halbes Jahr mit ihm zusammengespielt. Er ist ein feiner Fußballer, extrem dribbelstark. Gerade, wenn er von außen kommt, kann er super den finalen Pass spielen. Auch seine körperliche Präsenz ist der Wahnsinn – obwohl er ja nicht der Größte ist. Und Erfahrung bringt er ja auch ein mit seinen 30 Jahren.
-Zum Start wird aber nicht nur Görlitz fehlen, mit dem verletzten Trio Timo Gebhart, Nico Karger und Nicholas Helmbrecht bricht auch sonst ein gutes Stück Qualität weg.
Das tut uns natürlich weh, dass die alle fehlen. Eins zu eins werden wir sie nicht ersetzen können, aber wir können sie ersetzen – und das stimmt mich zuversichtlich.
-Der Trainer versucht es auch mit einem neuen System: 4-4-2 statt 4-3-3. Dürfte Ihnen als Vollblutstürmer entgegenkommen.
Ich persönlich finde das 4-4-2 sehr gut. Als Stürmer ist es mir natürlich am liebsten, wenn ich ganz vorne drin stehe. Grundsätzlich sehe ich es positiv, dass wir mehrere Systeme beherrschen und je nach Situation umswitchen können. Dann sind wir nicht so leicht ausrechenbar.
-Alle Welt erwartet, dass sich die Löwen von Platz 1 weg für die Relegation einspielen. Wirkt Daniel Bierofka deswegen noch konzentrierter und bisweilen angespannter?
Wenn er auf dem Platz steht, setzt er den Tunnelblick auf, aber in der Kabine kann er schon locker sein. Er fordert halt in jedem Training 100 Prozent – von allen. Ist aber auch gut so. Denn wenn du im Training die Chancen nicht reinmachst, wieso sollte das dann im Spiel klappen?
-Die letzten Spiele im alten Jahr wirkten mühsam, teils schwerfällig, beginnend mit dem 2:3 beim FCA. Wurde diese Schwächephase aufgearbeitet?
Ich denke, dass wir die Schlüsse daraus gezogen haben. Wir haben allgemein an unserem Spiel gearbeitet: Dass wir ballsicherer werden, die Räume besser schließen, noch weniger Chancen zulassen. Wir wollen die Spiele künftig wieder dominieren.
-Wie können Sie der Mannschaft mit Ihrer Aufstiegserfahrung helfen?
Ich hab es dreimal erleben dürfen, aufzusteigen, das ist schon eine immense mentale Belastung, wenn du in der Relegation bestehen musst. Und hier bei Sechzig ist der Druck noch extremer. Wir haben eine Reihe an erfahrenen Spielern in der Mannschaft, die den Druck von den jungen etwas wegnehmen können – ich helfe da auch mit. Und in Nürnberg wollen wir gleich ein Ausrufezeichen setzen.
-Wie groß wäre die Enttäuschung, wenn es am Ende nicht zum Aufstieg reichen sollte?
Natürlich wäre das eine herbe Enttäuschung. Ich weiß noch ganz genau, wie es war, als wir es mit 1860 II in der Relegation gegen Elversberg nicht geschafft haben. Da stehst du die ganze Saison oben, wirst Meister und bist am Ende der absolute Verlierer. Schlimmer geht’s eigentlich nicht.
-Sie haben in der vergangenen Saison mit Regensburg in der 3. Liga gespielt. Glauben Sie, dass 1860 in der aktuellen Besetzung eine Klasse höher mithalten könnte?
Man sieht’s ja an Regensburg, wie gut die ohne große Veränderungen in der 2. Liga mithalten. Entscheidend ist für mich immer, dass der Mannschaftskern gehalten wird.
-Auch bei 1860 hat man in dieser Saison das Gefühl, dass eine Mannschaft auf dem Platz steht. Das war in der 2. Liga selten der Fall.
Wir sind wirklich eine Mannschaft. Jeder läuft für jeden, es gibt keine Grüppchen. Die Mischung passt einfach. Wir haben viele Spieler, die schon höherklassig gespielt haben, dazu einige jüngere, die richtig Gas geben, und dann die ganz jungen, die sich nix scheißen wie der Noel Niemann oder der Leon Klassen.
Volland? „Der Erste, der zur Aufstiegsfeier kommen würde.“
-Ein paar Schafkopfer fehlen, haben wir gehört…
Das stimmt, davon könnten wir ein paar mehr haben. Der Jan (Mauersberger) kann’s, der Aiges (Lukas Aigner), und dann haben wir auch mit dem Hendrik Bonmann schon mal gespielt. Ein Wunder, wie’s der kann (als gebürtiger Essener/d. Red.). Gut, er ist jetzt noch nicht perfekt, aber doch schon auf einem ordentlichen Niveau. Dazu noch der Steges (Zeugwart Norbert Stegmann) und die Moni (Teamärztin Monika Mrosek). Aber rein mit Spielern bekommen wir kaum eine Runde zusammen, das ist schon Wahnsinn.
-Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem alten Löwen-Spezl Kevin Volland?
Ja, regelmäßig. Den Kevin interessiert 1860 nach wie vor, er fiebert mit und erkundigt sich auch über die Testspiele.
-Kommt er zur Aufstiegsfeier?
(grinst) Wenn wir eine haben, ist er der Erste, der kommt.
Interview: Uli Kellner und Ludwig Krammer